Brandenburg: Selbst Stromzähler fehlen am Flughafen
BER-Chef Mehdorn will gegen Baupfusch radikal vorgehen. Siemens widerspricht Betreibern
Stand:
Schönefeld - Die Flughafengesellschaft verschärft wegen Baumängel am Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld die Gangart gegenüber Auftragnehmern. Das betrifft vor allem das größte Problem für die Eröffnung des BER: die Brandschutzanlage, intern nur noch „Monster“ genannt. Es geht aber auch um ganz gewöhnliche Technik wie Strom- und Wasserzähler im Terminal.
Kopfzerbrechen bereitet den Experten am BER besonders die Entrauchungsanlage. Sie war nicht nur zu kompliziert, um den Rauchabzug überhaupt steuern zu können. Es wurde offenbar auch beim Einbau geschlampt. Die Absaugkanäle, insgesamt 18 Kilometer lang, sind teilweise undicht. Im Ernstfall könnte mit ihnen nicht sichergestellt werden, dass im Terminal bei einem Feuer eine zwei Meter hohe rauchfreie Schicht erzeugt wird, damit Fluggäste und Mitarbeiter rechtzeitig ins Freie flüchten können. Wie die Experten am Flughafen bei ihren Tests mit Kaltgas festgestellt haben, sind offenbar Fugen nicht ausreichend abgedichtet worden.
Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn hatte in der vergangenen Woche im Haushaltsausschuss des Bundestages nach Teilnehmerangaben von „Pfusch am Bau“ gesprochen. Dagegen werde er „radikal vorgehen“. Welche Folgen die von der Betreibergesellschaft angekündigte härtere Gangart gegenüber den Baufirmen hat, muss sich noch herausstellen. Entweder müssen betroffenen Baufirmen die Schäden auf eigene Kosten beheben oder werden in Regress genommen.
Übrigens ist im Zuge des von Mehdorn durchgesetzten harten Vorgehens gegen Baupfusch auch festgestellt worden, dass reihenweise Strom- und Wasserzähler fehlen. Bei zahlreichen Planänderungen war nicht bedacht worden, dass auch die Zahl der Messgeräte angepasst werden muss, hieß es von den BER-Betreibern. Eine sogenannte Fernauslesung über ein Datennetzwerk wäre nicht möglich gewesen, der Verbrauch von BER-Mietern hätte geschätzt oder an den zu wenigen vorhandenen Geräten abgelesen werden müssen. Eine rechtlich sichere Betriebskostenabrechnung wäre schwer machbar gewesen, heißt es in Schönefeld. In diesem Fall hätte die Flughafengesellschaft jährlich fünf Millionen Euro zusätzliche Kosten nur für die Mängel bei Strom- und Gaszählern verbuchen müssen. Dieses Problem will Mehdorn nun abstellen.
Ein Versuch der Flughafengesellschaft, positive Nachrichten von der Baustelle zu verkünden, verpuffte am Montag kläglich. Die Techniker des Konzerns Siemens könnten damit beginnen, 90 Kilometer feuerfeste Kabel für die Steuerungstechnik der Entrauchungsanlage zu verlegen, hieß es aus Schönefeld. Nötig ist das, weil die Entrauchungsanlage völlig neu aufgestellt werden muss. Vor einer Woche noch hatte ein Siemens-Vertreter im BER-Sonderausschuss des brandenburgischen Landtags dagegen gesagt, dass es noch keine Pläne für den Umbau gebe. Am Montag dann widersprach Siemens erneut der Flughafengesellschaft. „Wenn uns Planungsunterlagen vom BER vorliegen, müssen wir zunächst eine Montageplanung erarbeiten. Erst danach können wir mit der Verkabelung beginnen“, sagte ein Sprecher. Es muss genau festgelegt werden, wo Decken notfalls abgenommen und neue Kabelschächte eingebaut werden müssen. Die bisherigen Schächte sind teilweise überbelegt.
Wann die ersten von insgesamt rund 90 Kabel-Kilometern neu verlegt werden, bleibt damit offen. Diese Arbeiten könnten nach früheren Angaben bis zu eineinhalb Jahre dauern. Zudem liegen Siemens nach PNN-Informationen überhaupt erst die Planungsunterlagen für zwei von neun Bereichen für die Entrauchung vor. Und selbst bei den von der Flughafengesellschaft an Siemens übergebenen Plänen verhandeln beide Seiten noch.
Neben den 90 Kilometern Kabel müssen müssen 80 neue Steuerungspunkte an Fenstern installiert werden. Denn bei den Tests war auch festgestellt worden, dass die Frischluftzufuhr nicht genau auf den Absaugvorgang im Brandfall abgestimmt war. Wenn nur zufällig einige Fenster geöffnet sind, kann die Entrauchungsanlage nichts ausrichten. Der Raum bleibt im Terminal. Jetzt soll Siemens die Steuerung aus einer Hand konzipieren, zusätzlich zur Entrauchung übernahm der Konzern von Bosch auch die Regelung von Fenstern und Türen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: