Brandenburg: Senat geht nicht härter gegen junge Dealer vor Elfjähriger wieder spurlos verschwunden
Berlin - Der Vorstoß von Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) für geschlossene Heime, in denen straffällig gewordene Kinder und Jugendliche „nicht einfach kommen und gehen können, wie sie wollen“, hat innerhalb des Berliner Senates und der rot-roten Koalition keine Chance. Der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Michael Müller, und der Parteivorsitzende der Berliner Linken, Klaus Lederer, unterstützten am Mittwoch entschieden das bisherige Berliner Modell der offenen Heime.
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Berlin - Der Vorstoß von Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) für geschlossene Heime, in denen straffällig gewordene Kinder und Jugendliche „nicht einfach kommen und gehen können, wie sie wollen“, hat innerhalb des Berliner Senates und der rot-roten Koalition keine Chance. Der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Michael Müller, und der Parteivorsitzende der Berliner Linken, Klaus Lederer, unterstützten am Mittwoch entschieden das bisherige Berliner Modell der offenen Heime. Auch Justiz- und Bildungsverwaltung lehnen eine geschlossene Unterbringung ab. Einzig aus der SPD-Bundestagsfraktion kommt Unterstützung. Dort kann sich Rechtsexperte Dieter Wiefelspütz „im äußersten Notfall vorstellen, dass man Kinder zu ihrem eigenen Schutze kurzfristig einschließt“.
Die Debatte wurde durch delinquente Kinder ausgelöst, die in den vergangenen Tagen – wie berichtet – in Berlin beim Drogenverkauf erwischt wurden. Einen Elfjährigen, der offenbar aus einem palästinensischen Flüchtlingslager nach Berlin eingeschleust wurde, hat die Polizei dabei elf Mal hintereinander aufgegriffen. Zwischendurch war er immer wieder in die Erstaufnahmestelle für Kinder in Lichterfelde gebracht worden.
Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) lehnt dennoch eine geschlossene Unterbringung weiterhin ab: „Wir brauchen keine Mauern, sondern intensive Betreuung, die überzeugend wirkt.“ Sie setzt auf erzieherische Maßnahmen, denen sich die Kinder aber nicht entziehen können: Brandenburger Heime wie in der Uckermark – also Einrichtungen weit weg von Berlin, von Wäldern und Feldern umgeben. Gegenden, in die Heroinhändler ihren jungen Helfershelfern kaum nachreisen dürften, schon weil das Milieu der Konsumenten fehlt.
Ähnlich sehen es auch die Senatsbildungsverwaltung und SPD-Fraktionschef Michael Müller. Der Sozialdemokrat setzt alle Hoffnungen auf „das Mischkonzept“ der Heime des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerkes (EJF) fern der Hauptstadt. Sie seien vom bisherigen Umfeld der Kinder konsequent isoliert, um ungestört pädagogisch arbeiten zu können. „Offen“ heiße im Übrigen nicht, „dass alles beliebig und ohne Aufsicht ist.“ Tatsächlich gebe es in diesen Heimen strenge Regeln und Absprachen, an die sich jeder halten müsse. Es gehe darum, „dass richtige pädagogische Maß zwischen Freiheit und Eingrenzung zu finden“, ergänzt die Bildungsverwaltung.
Wegsperren bringe dagegen „überhaupt nichts.“ Druck erzeuge nur Gegendruck. Dieter Wiefelspütz von der SPD-Bundestagsfraktion lehnt dagegen geschlossene Heime nicht kategorisch ab. Man müsse verschiedene Optionen offenhalten und jeden Einzelfall „pragmatisch“ entscheiden, sagt er. Oberstes Ziel sei es, die Kinder vor weiteren kriminellen Einflüssen zu schützen. Wiefelspütz: „Dafür kann es im Notfall auch nötig sein, sie kurz in geschlossenen Einrichtungen unterzubringen.“ Das sei dann aber nicht als Strafe gedacht. Ein Kind dürfe niemals „als Feind“ angesehen werden, deshalb sei es auch so wichtig, die jungen Täter in den Heimen pädagogisch zu betreuen.
Die Polizei weiß derzeit nicht, wo sich der bereits mehrfach gefasste elfjährige Dealer aufhält. Unbekannt ist den Behörden auch weiterhin die Identität des Jungen. Angehörige oder Personaldokumente habe man noch nicht gefunden. In Justizkreisen wurde von der „arabischen Drogenmafia“ gesprochen, die Kinder einschleuse und ihnen vorher die Papiere abnehme. Auf diesem Weg landete wohl der Elfjährige schließlich in Zehlendorf. Dort werden Flüchtlingskinder ohne Begleitung aufgenommen.Hannes Heine, Christoph Stollowsky
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