Brandenburg: Sensation: Egeria wieder aufgetaucht
Stiftung preußische Schlösser und Gärten präsentierte im Rheinsberger Schlosspark ihren tollen Fund
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Rheinsberg - Der 24. September 2007 ist für Dr. Detlef Fuchs von der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten ein neuer Festtag. Denn per Zufall entdeckten Arbeiter bei Rekonstruktionsarbeiten an der Egeria-Grotte im Rheinsberger Schlosspark den seit 183 Jahren verschwundenen Kopf der Nymphenfigur.
„Das ist absolut sensationell“, sagte Fuchs und erklärte: „Schon 1802, wenige Tage nach dem Tod des Erbauers, dem Prinzen Heinrich, setzte die Zerstörung der Egeria-Grotte ein.“ 1843 wurden die letzten Reste der Nymphenfigur beiseite geräumt. Seither fehlte jede Spur von der Skulptur. „Nie hat jemand das Antlitz der Rheinsberger Egeria gesehen“, sagte ein immer noch vor Freude glühender Historiker. Einer Gruppe von 70 Besuchern präsentierte Fuchs am Sonnabend den sagenhaften Fund. „Die lange Nacht der Künste, so dachten wir, ist der ideale Rahmen, um einer breiten Öffentlichkeit die Bedeutung dieser Entdeckung nahe zu bringen“, erklärte Fuchs.
Denn was bis 2004 nur noch als Steinhaufen im Rheinsberger Schlossgarten lagerte, hat für die Einordnung des Schaffens und Wirkens Heinrichs in dessen letzter Lebensdekade, Ende des 18. Jahrhunderts, eine besondere Dimension. Der erfolgreiche Feldherr und Diplomat fand mit seinen politischen Ratschlägen bei Hofe immer weniger Gehör. Detlef Fuchs nimmt sogar an, dass einige Denkschriften, die Heinrich an seinem Bruder, König Friedrich II., nach Potsdam und Berlin schickte, ungelesen in den Archiven verschwanden. „Der fast unangetastete Zustand dieser Werke lässt auf jenes Schicksal schließen", so Fuchs.
Auch nach dem Tod seines Bruders, 1786, änderte sich für Heinrich nichts. Sein Rat wurde in der Schaltzentrale Preußens kaum noch geachtet. Wieder verschwanden seine nun an Friedrich Wilhelm II. adressierten Schriftstücke in den Archiven. Dagegen wurde der Prinz, der als Anhänger der Aufklärung galt, in Frankreich hoch geachtet. Dort nahm er vorübergehend seinen Aufenthalt, kehrte jedoch wegen der Radikalisierung der Französischen Revolution nach Rheinsberg zurück.
1790 ließ Prinz Heinrich dann die Egeria-Grotte in einer Feldsteinausführung erbauen. „Welche Bedeutung sie für Heinrich gehabt haben muss, beweist allein die Tatsache, dass er sich für den Bau bis über beide Ohren verschuldet hatte“, erklärte Fuchs.
Die Nymphe Egeria soll die Geliebte des zweiten Königs von Rom, Numa Pompilius, gewesen sein. Der Legende nach beriet sie ihn bei wichtigen Entscheidungen und wies ihm so den Weg zu weiser Herrschaft. Vorbild für die Rheinsberger Egeria war die Skulptur in Rom. Auch in Frankreich und im Wörlitzer Park bei Dessau soll Heinrich ähnliche Figuren gesehen haben. „Auf seinen Reisen ist er auf die Egeria gestoßen und fand das Sinnbild der Nymphengestalt für seine Situation in Preußen als passend. Ich interpretiere die Errichtung der Grotte im Rheinsberger Schlosspark so, dass Heinrich sich vernachlässigt fühlte. Er hätte gern beratend zur Seite gestanden“, so Fuchs. Im Gegensatz zur Nymphe Egeria wurde ihm dies weitgehend verwehrt.
Seit 2005 ist ein Architekt mit Arbeitern dabei, die Grotte aus dem Steinhaufen wieder auferstehen zu lassen. Freunde der Schlösser und Gärten haben 160 000 Euro gespendet, um die Rekonstruktion zu finanzieren. „Immer wurde nach der Egeria gefragt. Nie hat sie aber einer je hier gesehen. Deshalb konnte auch keine Replik gefertigt werden.“ Im September wurde per Zufall der Fuß der Figur gefunden und später der Kopf. „Alles hat im Wassergraben vor der Grotte gelegen.“
Jetzt soll die gesamte Anlage mit Nymphe wieder entstehen. Bis dahin sind die Fundstücke in der Rheinsberger Schlossküche zu bewundern.
Georg-Stefan Russew
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