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Kristalltherme in Ludwigsfelde.

© Thilo Rückeis

Ludwigsfelde: Sexuelle Übergriffe in der Therme – auch auf Kinder

Der Betreiber der Kristalltherme in Ludwigsfelde geht auch gegen Swingerpartys vor und will den Informationsaustausch über auffällige Gäste zwischen allen Bädern in Brandenburg verstärken.

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Ludwigsfelde - Sie ist deutschlandweit eine Attraktion und beliebt – denn hier kann man anders als üblich auch nackt baden. Doch genau das bereitet der Kristalltherme im brandenburgischen Ludwigsfelde (Teltow-Fläming) im Süden Berlins, die jedes Jahr 640 000 Besucher anzieht, nun erhebliche Probleme. Seit Anfang 2012 bis Mitte Mai 2013 leitete die Polizei insgesamt acht Ermittlungsverfahren wegen „Straftaten mit sexuellem Bezug“ ein. Das teilte Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Sven Petke (CDU) jetzt mit. Die Straftaten sollen den Angaben zufolge überwiegend an den Nacktbadetagen begangen worden sein, die es fünfmal pro Woche gibt.

Allein in drei dieser Fälle sind demnach Kinder in der Kristalltherme sexuell missbraucht worden. In einem Fall wird sogar wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes ermittelt. In einem weiteren Verfahren geht es um Herstellung kinderpornografischer Schriften. In den anderen Fällen hatten Erwachsene bei der Polizei Anzeige erstattet, zweimal wegen exhibitionistischer Handlungen, dann wegen tätlicher Beleidigung und wegen heimlicher Fotos in der Sauna.

Ob diese Zahl der Fälle nun besonders hoch ist, bleibt unklar. Ein direkter Vergleich mit anderen Thermen und Bädern ist nicht möglich. Bei den Staatsanwaltschaften gibt es keine nach Tatorten aufgeschlüsselte statistische Erfassung. Die Landespolizei sieht aber keine Häufung von sexuellen Übergriffen in Hallen- und Freibädern. 2012 gab es 12 abgeschlossene Verfahren. 2011 waren es 11, 2010 ebenso viele. In mehr als der Hälfte der Fälle waren Kinder betroffen, hieß es. In den übrigen Verfahren sei es etwa um Exhibitionismus gegangen. Insgesamt gab es 2012 in Brandenburg 45 824 Fälle gegen die sexuelle Selbstbestimmung; von der Nötigung bis zur Vergewaltigung.

Der CDU-Politiker Petke, der in Ludwigsfelde seinen Wahlkreis hat, sagte, er sei erschrocken über die Vielzahl der Fälle. „Ich erwarte, dass die Kommune und der Betreiber Maßnahmen ergreifen, damit es dazu nicht mehr kommt“, sagte Petke.

Die Therme selbst wirbt auf ihrer Internetseite mit dem Spruch: „Textilfreies Baden auf höchstem Niveau in einer der schönsten Thermen Brandenburgs.“ Und: „Jeden Mittwoch und Sonntag können Sie wählen, ob mit oder ohne Textil.“ Betreiber Heinz Steinhart, der deutschlandweit 21 Bäder und Thermen hat, sagte, Pädophile und Sittlichkeitstäter würden von Thermen besonders angezogen. „Wir unternehmen aber alles dagegen, was wir in enger Abstimmung mit der Polizei tun können. Uns ist kein Aufwand zu viel“, sagte Steinhart. „Ich will in dieser Angelegenheit Transparenz.“ Ein Bademeister wurde fristlos entlassen, weil er in einer Umkleidekabine eine Frau sexuell genötigt und berührt haben soll. Der Mann klagte gegen die Entlassung, verlor den Prozess aber. Ein psychiatrisches Gutachten belegte die Glaubwürdigkeit der Frau.

Zudem sei zusätzliches Sicherheitspersonal eingestellt worden, sagte Steinhart. Auch Überwachungskameras seien installiert worden, wo sie nicht die Privatsphäre der Gäste verletzen. Die Bilder werden laut Steinhart drei Tage gespeichert und können nur von der Polizei abgerufen werden. Neuerdings dürfen Kinder unter 16 Jahren nur in Begleitung Erwachsener die Therme besuchen, Kinder unter 12 Jahren müssen Badehose tragen.

Steinhart äußert sich auch zu dem Ruf, den seine Ludwigsfelder Therme als beliebter Treffpunkt der Swingerszene hat. Tatsächlich habe es in den abgelegenen Bade-Bereichen Vorfälle gegeben, gegen diesen „Kontakthof“ gehe man mit verstärkten Kontrollgängen vor. „In den letzten Monaten war Ruhe“, sagte Steinhart. Wird jemand erwischt, gebe es Hausverbot und die Polizei werde eingeschaltet. „Wir greifen durch und wollen nicht in ein schiefes Licht geraten. In den entsprechenden Kreisen spricht sich das schnell rum“, sagte Steinhart.

Der Unternehmer will jetzt in Brandenburg eine Initiative mit allen anderen Betreibern zum Schutz vor auffälligen Gästen starten. Vorbild ist Steinharts Kette, zu der 21 Bäder und Thermen deutschlandweit gehören. Wird einem Gast an einem Standort Hausverbot erteilt, gilt das auch an den anderen Steinhart-Thermen.

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