Flüchtlinge in Brandenburg: Sorge wegen untergetauchter Flüchtlinge
In Brandenburg sind viele Asylbewerber unauffindbar. Behörden warnen vor Terrorgefahr, aber auch Panikmache.
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Potsdam - Die Behörden in Brandenburg tappen bei der Frage nach dem Aufenthalt von mehreren Tausend Flüchtlingen offenbar weiter im Dunkeln. Das berichtet der rbb unter Berufung auf Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder). Nach Angaben der Behörde sind von den 18 000 Flüchtlingen, die 2015 ohne Kontrolle und Registrierung nach Brandenburg gekommen waren, bisher nur 1000 überprüft worden. Von diesen wiederum waren 15 bis 20 Prozent gar nicht mehr auffindbar.
Behördensprecher Oberstaatsanwalt Ulrich Scherding sagte dem rbb: „Es können Personen aus anderen Staaten sein, die sich als Syrer ausgegeben haben, die in Deutschland abgetaucht oder in andere Staaten weitergereist sind.“ Zur Frage, ob im Zuge des Flüchtlingsstroms auch Terroristen in Brandenburg untergetaucht sein könnten, sagte Scherding: Es sei „denkbar, dass darunter auch Menschen sind, die andere Ziele verfolgen“. Insgesamt waren 2015 in Brandenburg 47 000 Geflüchtete aufgenommen worden.
Die Erkenntnisse decken sich mit denen des Landesinnenministeriums und bestätigen die Warnung von Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo C. Rautenberg. Er hatte versucht, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die Daten der 18 000 Flüchtlinge beschlagnahmen zu lassen. Rautenberg hatte sein Vorgehen mit der Terrorgefahr durch unentdeckt eingereiste Islamisten begründet. „Seit den Anschlägen von Paris wissen wir, dass der IS versucht, Europa anzugreifen“, sagte Rautenberg. Es sei zu vermuten, dass der IS den Flüchtlingsstrom ausgenutzt habe. Und er wolle sich nicht vorwerfen lassen, nicht alles getan zu haben. Wenn etwa passiere, „wäre es der Gau“.
Wie berichtet hatte das Landgericht Frankfurt (Oder) den Antrag der Frankfurter Staatsanwaltschaft abgelehnt, mit Beschlagnahmungs- und Durchsuchungsbeschlüssen die Daten beim Bamf zu bekommen. Flüchtlinge könnten nicht unter Generalverdacht gestellt werden, eine Art Rasterfahndung sei nicht möglich, urteilten die Richter. Daher leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen jeden einzelnen Flüchtling wegen des Verdachts der illegalen Einreise ein. Die Behörde erhielt so doch noch Akten aus dem Ausländerzentralregister und konnte sie mit Angaben, die die Flüchtlinge bei ihrer Einreise gemacht haben, abgleichen.
Auch Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) hatte die Blockade durch den Bund kritisiert und gesagt: „Wir müssen wissen, wer im Land ist.“ Ein Sprecher des Ministeriums sagte am Freitag, es gehe bei der Registrierung der Flüchtlinge voran. Heute seien die Behörden flächendeckend mit Technik zur Speicherung der Fingerabdrücke ausgestattet, Fälle wie im Jahr 2015 könne es kaum noch geben. Es sei aber weiter ein Problem, die Identität von Flüchtlingen, die 2015 im Zuge des großen Zustroms eingereist waren, im Nachhinein festzustellen. „Wir brauchen Klarheit. Es geht Schritt für Schritt voran“, sagte der Sprecher. „Vieles ist besser, aber nicht befriedigend.“ Er warnte zugleich, nicht alle der noch nicht überprüften Flüchtlinge seien untergetaucht oder potenzielle Terroristen. Ein Teil halte sich in anderen Bundesländern oder Staaten Europas auf. Insbesondere viele Flüchtlinge aus den Balkanstaaten, die keine Chance auf Asyl hätten, seien in ihre Heimat zurückgekehrt. Es sei aber nicht auszuschließen, dass auch Terroristen unter den ungeprüften Flüchtlingen seien.
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