Brandenburg: Sparen kann kosten
Kritik an Kürzungen im Zugverkehr / Privatbahnen: Vertragsbruch / Grüne und FDP: Politik gegen Kunden
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Potsdam - Die Pläne der Landesregierung Brandenburg zur Stilllegung von sieben Regional-Bahnstrecken sind gestern stark kritisiert worden. Die von den Streckenstillegungsplänen und Taktausdünnungen besonders betroffenen drei privaten Bahnunternehmen haben der Landesregierung gestern übereinstimmend Vertragsbruch vorgeworfen. Sollte in den Verhandlungen mit dem Land keine einvernehmliche Lösung gefunden werden, könnten auf das Land Klagen sowie Kompensationszahlungen in Millionenhöhe zukommen, erklärten die Prignitzer Eisenbahn (PEG), die Ostdeutsche Eisenbahn (ODEG) und die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) auf Anfrage der PNN.
„Wir haben die juristische Prüfung der Landespläne eingeleitet“, sagte Eberhard Conrad von der NEB, die Strecken im Norden und Nordosten des Landes betreibt. „Wir glauben, dass das Land seinen Vertrag mit uns bricht, wenn die Pläne so umgesetzt werden“, so Conrad weiter.
Ähnlich sieht dies die ODEG, deren Strecke von Eberswalde über Britz nach Templin ganz eingestellt werden soll, obwohl sie gerade mit Millionenaufwand saniert wird. „Das Land hat mit uns einen Vertrag für die Bewirtschaftung einiger Strecken bis zum Jahr 2014 und haben alle Investitionen über diesen Zeitraum kalkuliert“, so ODEG-Sprecher Jörg Kriehn. Sollte das Land seine Kürzungspläne umsetzen, komme das Land seinen Vertragsverpflichtungen nicht nach. Das Land könne zwar bis zu 10 Prozent der im Vertrag bestellten Zugkilometer kürzen, doch würden die nun angekündigten Kürzungen weit darüber hinausgehen, so Kriehn weiter. Dann müsste das Land den Unternehmen einen finanziellen Ausgleich für die Strecken- und Taktkürzungen zahlen.
PEG-Chef Böhm sieht in der Prignitz gar das Verkehrskonzept des Landkreises in Gefahr. Mit dem Kreis habe die PEG ein integriertes Verkehrskonzept erarbeitet, in dem Bus- und Bahnverkehr aufeinander abgestimmt worden sind. „Das sollte jetzt eigentlich starten, hätte sich bei den angekündigten Kürzungen allerdings erledigt. So haben Landkreis und PEG jeweils von der Deutschen Bahn AG Bahninfrastruktur (Gleise und Anlagen) gekauft, um dort gezielt investieren zu können.
Dass von den Streckenstilllegungen vor allem die strukturschwachen Regionen betroffen seien, widerspreche auch der neuen Förderpolitik von Ministerpräsident Matthias Platzeck, wonach wirtschaftlich vor allem das Berliner Umland gestärkt, aber ausdrücklich in den Randregionen die Mobilität der Bürger abgesichert werden soll, so der Geschäftsführer der PEG, Ralf Böhm. In der Prignitz seien nicht nur private Bahnnutzer betroffen. Auch zahlreiche Firmen würden vom Schienennetz abgeschnitten.
Der Berlin-Brandenburgische Bahnkunden-Verband, Grüne und FDP forderten gestern mehr Wettbewerb im Nahverkehr auf der Schiene. FDP-Landeschef Heinz Lanfermann kritisierte, mit den jetzt in Blick genommenen Kürzungen würden vor allem die Privatbahnen in Brandenburg, die Wirtschaft in den kommunalen Wachstumskernen und die Mobilität der Berufspendler erheblich beeinträchtigt.
Auch die brandenburgische Grünen-Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm bemängelte, Brandenburg mache „Politik gegen die Bahnkunden“ und beseitige den Wettbewerb auf der Schiene. Laut Behm schwächen die Streichpläne die neu bestimmten kommunalen Wachstumskerne. Dies sei ein „Schildbürgerstreich“. Das Vorhaben sei ferner ein „Affront“ gegen die privaten Bahnanbieter, auf deren Kosten das Land fast ausschließlich sparen wolle. Gerade die hätten gezeigt, dass der wirtschaftliche Betrieb von Strecken, die die Deutsche Bahn für „unrentabel“ halte, möglich sei.
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