Potsdamer Forscher sollen Vorbildprojekt fortsetzen: SPD fordert: Nazi-Morde im Bund prüfen
Potsdam/Berlin – Die nachträgliche Überprüfung von Morden durch Neonazis in Brandenburg soll nach dem Willen der SPD im Bundestag auf ganz Deutschland ausgeweitet werden. Das fordern jetzt der SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil und die Potsdamer SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein.
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Potsdam/Berlin – Die nachträgliche Überprüfung von Morden durch Neonazis in Brandenburg soll nach dem Willen der SPD im Bundestag auf ganz Deutschland ausgeweitet werden. Das fordern jetzt der SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil und die Potsdamer SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein.
In Brandenburg überprüfte das Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrum (MMZ) im Auftrag des Innenministeriums umstrittene Todesfälle rechtsextremer und rassistischer Gewalt nach 1990. Bundesweit ist es einmalig, dass externe Wissenschaftler an der Aufarbeitung beteiligt wurden. Das Forscherteam untersuchte 24 Tötungsdelikte, die durch zivilgesellschaftliche Initiativen und Medien als rechtsextrem oder rassistisch motiviert vermutet werden. Statt bisher nur neun hat das Innenministerium nun weitere neun Fälle als politisch rechts motivierte Tötungsdelikte anerkannt. Die Zahl der seit 1990 registrierten Fälle wurde also nachträglich verdoppelt.
Anlass für den Vorstoß von Heil und Wicklein ist die zunehmenden Zahl von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte und zivilgesellschaftliche Initiativen. Bei einem Besuch des MMZ in der vergangenen Wochen erklärten Heil und Wicklein: „Eine realistische Einschätzung der Motive von Straftaten ist nicht nur für Brandenburg, sondern für ganz Deutschland wichtig.“ Darum sei eine Neuauflage des Forschungsprojekts mit der Ausweitung auf ganz Deutschland nötig. „Die Ableitung und Entwicklung langfristiger präventiver Strategien sollte ein Ergebnis einer solchen Studie sein“, sagte Heil und Wicklein. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass dem MMZ „entsprechende Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden, um die begonnenen Arbeiten auf dem Feld der Rechtsradikalismus-Bekämpfung fortzusetzen.“ Brandenburg habe mit dem Projekt zu Prüfung umstrittener Fälle „etwas geschaffen, das Vorbild für andere Bundesländer sein könnte“, sagte Wicklein.
Tatsächlich ist noch nicht absehbar, wie Bund und Länder mit Brandenburgs Alleingang umgehen. Zwar ist in Berlin ein ähnliches Projekt angedacht und auch im Bundeskriminalamt gibt es an einigen Stellen durchaus Sympathien für das Vorgehen. Dennoch war von Beginn an das Missfallen in anderen Bundesländern über diesen Weg Brandenburgs nicht gerade klein. Denn damit werden Prüfergebnisse indirekt noch einmal in Zweifel gezogen, zumal andere Bundesländer wie Sachsen-Anhalt die Altfälle nur polizeiintern überprüfen ließen und die Korrekturen an der Statistik deutlich geringer ausfallen als in Brandenburg. Anderersseits könnte Brandenburg nun den Anstoß geben für eine vergleichbare Aufarbeitung in anderen Bundesländern. Als Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) Ende Juli die Studie des MMZ vorstellte und die Zahl der Todesopfer rechtsextremer Gewalt nach oben korrigierte, waren auch Vertreter des BKA und Mecklenburg-Vorpommerns dabei. Alexander Fröhlich
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