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Von Ulrich Zawatka-Gerlach: SPD-Verbände für Rot-Rot im Bund

Parteiführung durch Anträge in Verlegenheit

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Stand:

Berlin – Die Berliner SPD gibt sich viel Mühe, trotz des Führungswechsels in der Bundespartei und der Diskussionen über eine Ampelkoalition 2009 ihr linkes Profil zu schärfen. So muss sich der Landesparteitag am 11. Oktober mit einem Antrag des mitgliederstärksten SPD-Kreisverbands (Charlottenburg-Wilmersdorf) befassen, der Sprengstoff in sich birgt: „Der Parteivorstand wird aufgefordert, zur Bundestagswahl 2009 eine Koalition mit der Linken nicht auszuschließen.“ Die SPD dürfe sich aus strategischen Gründen einer solchen Zusammenarbeit nicht mehr länger verweigern.

Das widerspricht nicht nur der Linie der Bundespartei, sondern auch der Berliner Sozialdemokraten. SPD-Landeschef Michael Müller und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit haben sich festgelegt: Bündnisse mit der Linken in den Ländern: ja. Eine rot-rote Koalition im Bund 2009: aus inhaltlichen und personellen Gründen nicht machbar. Dagegen begründen die Genossen in Charlottenburg-Wilmersdorf ihre Forderung mit den großen politischen Schnittmengen, die es mit der Linken auch auf Bundesebene gebe. Vom Mindestlohn über die Ablehnung von Studiengebühren, der Einführung von Gemeinschafts- und Ganztagsschulen bis zur Kritik an Privatisierungen staatlichen Eigentums.

Die SPD als linke Volkspartei sei deshalb verpflichtet, auch im Bund die Zusammenarbeit zu suchen, wird der Antrag begründet. Das könne „vom Einbringen und Unterstützen gemeinsamer Anträge bis hin zur Regierungsbildung reichen.“ Stehe die Linke in der Regierungsverantwortung, müsse sie sich der Realität stellen und verliere ihren „populistischen Zauber“. Außerdem suche die Mehrheit in Deutschland nach einer Alternative zu „Marktliberalismus und sozialstaatlichem Ausverkauf“.

Der SPD-Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg hat einen fast wortgleichen Antrag für den Landesparteitag eingebracht. Der letzte Satz: „Wir sind es unseren WählerInnen schuldig, die neuen linken Mehrheiten zu nutzen, um die Politik für mehr Freiheit, mehr Gerechtigkeit und mehr Solidarität in unserem Land umsetzen zu können.“

Die Berliner SPD-Führung gerät mit beiden Anträgen in die Klemme. „Wir müssen sie weg bekommen“, hieß es gestern. Am nächsten Sonntag tagt der Koordinationskreis der „Berliner Linken“. Also gerade noch rechtzeitig, bevor die Antragskommission des SPD-Landesvorstands am Mittwoch darauf den Parteitag inhaltlich vorbereitet und ihr Votum zu den einzelnen Anträgen abgibt.

Der SPD-Kreischef in Charlottenburg-Wilmersdorf, Christian Gaebler, wäre auch bereit, „sich über einzelne Formulierungen noch mal zu unterhalten“. Der Antrag sei ein Diskussionsbeitrag. Andere SPD-Linke, die nicht namentlich zitiert werden wollten, halten den Antrag nicht für grundsätzlich falsch, aber er komme ein Jahr zu früh. Noch sei die Linkspartei, etwa außen- und verteidigungspolitisch, aber auch personell (Oskar Lafontaine!) im Bund nicht regierungsfähig. Erst nach der Bundestagswahl 2009 sei die Zeit reif für rot-rote Bündnisdebatten, hieß es.

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