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Brandenburg: Speckgürtel muss armen Regionen abgeben

Verfassungsgericht bestätigt Soli-Beitrag bei Kommunalfinanzierung. Rot-Rot will Modell ab 2014 weiter ausweiten

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Potsdam - Das Landesverfassungsgericht hat den „Brandenburg-Soli“ bestätigt. Mit dieser Abgaabe müssen finanzstarke Kommunen schwächere unterstützen. Das höchste Gericht des Landes wies am Dienstag die Beschwerde von drei Gemeinden gegen die letzte Novelle des Finanzausgleichs-Gesetzes zurück, mit der Gemeinden mit hohen Steuereinnahmen – also insbesondere aus dem prosperierenden Berliner Umland – zugunsten ärmerer Regionen Brandenburgs einen Anteil an den Überschüssen abführen müssen. Für die betroffenen Gemeinden ging es um einige Millionen Euro weniger pro Jahr.

Das Urteil hat angesichts der demografischen Entwicklung im Land, der wachsenden Wohlstands-Kluft zwischen Speckgürtel und Peripherie, Richtungscharakter für kommende Jahrzehnte. Schon plant die rot-rote Koalition – unterstützt von der Grünen-Opposition – eine weitere innerbrandenburgische Umlage zugunsten von Kommunen mit überdurchschnittlichen Soziallasten.

Bei der Urteilsverkündung betonte Verfassungsgerichtspräsident Jes Möller, dass der Grundansatz einer Solidarausgleichs verfassungskonform ist und die konkrete Regelung auch verhältnismäßig. „Der Betrag ist nicht erdrückend oder unangemessen.“ Zudem sei es keine Brandenburger Besonderheit, innerkommunale Finanzausgleichs-Modelle seien Praxis in elf Bundesländern. Brandenburgs Regelung sei im Vergleich etwa zu Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern „eher moderat“, sagte Möller.

Geklagt hatten die Stadt Liebenwalde (Kreis Oberhavel) sowie die Gemeinden Breydin (Barnim) und Schenkenberg (Uckermark). Der Liebenwalder Bürgermeister Jörn Lehmann (parteilos) reagierte enttäuscht: Die Entscheidung bedeute, dass die Stadt weniger in Straßenbau oder Schulsanierungen investieren könne. Für 2011 müssen nun rund 8,9 Millionen Euro abgeführt werden, für 2012 sind 7,2 Millionen Euro fällig. Der Anwalt der Gemeinden, Professor Götz Meder, kritisierte das Urteil als „Verbeugung vor dem Landtag“. Meder schloss nicht aus, gegen das Urteil vorzugehen, was aber als nahezu aussichtslos gilt.

Nach ersten Reaktionen ist das Verständnis für einen „Brandenburg-Soli“ überwiegend groß. So begrüßte der Städte- und Gemeindebund die Entscheidung: „Wir sind eine kommunale Familie.“ Finanzminister Helmuth Markov (Linke) wiederum zeigte sich nicht nur damit zufrieden, dass die handwerkliche Gesetzesarbeit solide war: „Gewonnen haben heute alle Kommunen, die Landkreise und das Land, denn jeder wird von diesem Mehr an Solidarität profitieren.“ Im Landtag sehen sich vor allem SPD und Linke, aber auch die Grünen bestärkt, die die nächste FAG-Novelle mit einem neuen Soziallastenausgleich – zusätzlich zum bisherigen Modell – vorbereiten. Ziel sei es, dass es zum 1.Januar 2014 in Kraft treten kann, sagte Linke-Fraktionschef Christian Görke. „Es ist ein maßvoller Weg. Wir tarieren die höheren Belastungen aus, die Kreise wie die Uckermark durch Soziallasten haben.“ Und der scheidende SPD-Fraktionsvorsitzende und designierte Innenminister Ralf Holzschuher, der dann auch für die Kommunen zuständig sein wird, sagte: „Es ist unser Ansatz, und Brandenburg ein solidarisches Land.“

Kritisch äußerten sich CDU- und FDP-Opposition. „Das Problem ist, dass die kommunale Finanzausstattung nicht reicht“, sagte Ingo Senftleben, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion und Bürgermeister der Stadt Ortrand. Dass reichere Kommunen etwas abgeben müssen, sei auch anderswo üblich. „Aber die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben.“ Und FDP-Landeschef Gregor Beyer warnte davor, „die zu bestrafen, die gut wirtschaften“.

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