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Steigende Jugendkriminalität : Brandenburgs CDU will Strafen schon für Zwölfjährige
Auch die Altersgrenzen im Erwachsenenstrafrechts will der märkische CDU-Landesparteichef Jan Redmann senken. Die SPD-geführten Ministerien für Inneres und Justiz sind skeptisch.
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Vor dem Hintergrund steigender Jugendkriminalität hat sich Brandenburgs Landes- und Fraktionschef Jan Redmann (CDU) für eine Herabsetzung der Strafmündigkeit auf zwölf Jahre ausgesprochen. „Wir beobachten eine zunehmende Zahl an schweren Straftaten durch sehr junge Tatverdächtige – teils im Alter von nur zwölf oder 13 Jahren“, sagte Redmann, der auch Mitglied des Bundesvorstands seiner Partei ist, am Mittwoch den Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN).
„Für diese Altersgruppe greift das Jugendstrafrecht derzeit nicht, da die Strafmündigkeit erst mit 14 Jahren beginnt.“ Wenn man aber wolle, dass auch bei diesen Kindern angemessene erzieherische Maßnahmen möglich seien – etwa bei besonders schwerwiegenden Delikten –, müsse zwingend darüber nachgedacht werden, das Jugendstrafrecht bereits ab zwölf Jahren anzuwenden.
In Brandenburg stieg laut Kriminalstatistik die Zahl der Straftaten, die von Jugendlichen unter 14 Jahren verübt wurden, in den vergangenen vier Jahren von 2353 auf 3221. Der SPD-Abgeordnete Erik Stohn, der auch Mitglied des Rechtsausschusses im Landtag ist, wies die Forderungen Redmanns dagegen zurück. „Wir halten eine Absenkung des Strafalters derzeit nicht für erforderlich“, sagte Stohn. „Im strafrechtlichen Sinne bestraft werden kann nur, wer die erforderliche Reife hat, das Unrecht einer Tat einzusehen und danach zu handeln.“ Kinder könnten dies noch nicht.
Die in Deutschland geltende Altersgrenze von 14 Jahren entspreche der Regelung in den meisten EU-Ländern. In Deutschlands Nachbarländern Dänemark und Polen würden Kinder erst mit 15 Jahren strafmündig, in Luxemburg erst mit 16. „Der Staat ist auch bei unter 14-Jährigen handlungsfähig“, sagte Stohn. Dies gehe in der öffentlichen Diskussion oft unter. „Möglich sind jugendhilferechtliche Maßnahmen wie erzieherische Maßnahmen und Maßnahmen des Familiengerichts bis hin zu Entziehung des Sorgerechts und einer freiheitsentziehenden Unterbringung von Kindern in psychiatrischen Anstalten oder Heimen.“
Redmann hingegen forderte am Mittwoch auch eine Herabsenkung der Altersgrenzen bei der Anwendung von Erwachsenenstrafrecht. „Wir erleben, dass junge Erwachsene im Alter von 18 bis 21 Jahren häufig noch nach Jugendstrafrecht verurteilt werden – auch bei gravierenden Taten“, sagte Redmann. „Dies führt mitunter zu Strafen, die dem Unrechtsgehalt nicht gerecht werden.“ Aus diesem Grund plädiere er für eine klare und konsequente Altersabgrenzung: „Jugendstrafrecht ab zwölf bis 18 Jahre – und ab dem 18. Lebensjahr das Erwachsenenstrafrecht“, so Redmann. So könne man bei jungen Tatverdächtigen frühzeitig erzieherisch eingreifen, um sie möglichst schnell wieder auf den richtigen Weg zu bringen. „Andererseits sorgen wir bei volljährigen Straftätern für spürbare Konsequenzen, die das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken und klare Grenzen aufzeigen.“
Innenministerin Lange für spürbare Sanktionen
Zurückhaltend zeigte sich dagegen Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange (SPD). „Ich bin derzeit eher skeptisch, was die Herabsetzung angeht, gehe aber offen an die Debatte heran. Ich würde mich von besseren Argumenten überzeugen lassen“, sagte die Ministerin den PNN. „Ein klares Nein ist das also nicht.“ Vordringlicher scheine ihr allerdings derzeit anderes: Mit dem Erreichen der Strafmündigkeitsgrenze sollten die Möglichkeiten des Jugendstrafrechts auch wirklich genutzt werden, denn dafür seien sie da. „Bei Heranwachsenden ab 18 Jahren – also mit Erreichen der Volljährigkeit – sollte stärker die eigentlich vorgesehene Anwendung des Erwachsenenstrafrechts zur Geltung kommen, anstatt wie heute vielfach noch das Jugendstrafrecht.“
Denn es sei erwiesen, dass schnelle Verfahren und spürbare Sanktionen gerade in jungen Jahren erfolgreich dazu beitragen könnten, das spätere Abgleiten in eine mögliche kriminelle Karriere zu verhindern. „Falsch verstandene Rücksichtnahme ist in schweren Fällen fehl am Platz“, sagte Lange. „Sofern andere Möglichkeiten ausgereizt sind, muss der Rechtsstaat in solchen Fällen die nötige Härte zeigen: Die weiche Welle bringt dann nichts mehr.“
Brandenburgs Justizminister Benjamin Grimm (SPD) erklärte dagegen gegenüber den PNN, das Strafrecht sei das schärfste Schwert des Staates. „Die gesetzliche Strafmündigkeitsgrenze schützt nicht Täter, sondern bewahrt den Staat davor, erzieherische Verantwortung an die Strafjustiz zu delegieren“, sagte Grimm. „Ich kenne auch keine belastbare empirische Grundlage, auf die sich eine solche Herabsetzung der Strafmündigkeitsgrenze stützen könnte.“ Aus seiner Sicht müsse es deswegen Priorität haben, die altersgerechten Instrumente des Jugendhilfe- und Familienrechts konsequent zu nutzen.
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