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Außer Betrieb. Wegen neuer Probleme mit der Brandschutzanlage wachsen die Zweifel am Eröffnungstermin 27. Oktober 2013 für den Flughafen BER.

© Berthold Stadler/Piratenpartei/dapd

Brandenburg: Steilvorlage für die Opposition

Die Landesregierung wusste von neuen Brandschutz-Problemen – nur im Landtag spielten sie keine Rolle

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Potsdam - Es war am Mittwoch, 7. November, im brandenburgischen Landtag, Saal 306, dort, wo sonst immer die SPD-Fraktion ihre Sitzungen abhält. Auf der Tagesordnung des Hauptausschusses stand der „Bericht über die Ergebnisse der Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft“. Jedes Mal ist es jetzt so, das Parlament soll nach dem Debakel um die geplatzte Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld und wegen der steigenden Kosten immer informiert werden über den Stand der Dinge. Nachdem der Aufsichtsrat tagt, in dem Brandenburgs Regierung mit Ministerrpäsident Matthias Platzeck (SPD), Finanzminister Helmuth Markov und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (beide Linke) vertreten sind, wird der Hauptausschuss, also der Landtag, zeitnah informiert.

Doch von Problemen mit der Brandschaftanlage, die jetzt erneut die auf Oktober 2013 verschobene Eröffnung des BER gefährden, war vergangenen Mittwoch keine Rede. Deshalb wird jetzt erneut Kritik laut. „Wider besseren Wissens hat der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Platzeck vor den Abgeordneten die massiven Probleme nicht benannt“, sagte Dieter Dombrowski, Chef der CDU-Fraktion im Land. „Ich erwarte umgehend eine politische Einschätzung von ihm.“

Was Dombrowski besonders erzürnt: Die Landesregierung war über die heiklen Warnungen eines Brandschutzgutachters informiert. Eine Woche zuvor, am 30. Oktober, war bei der Flughafengesellschaft das brisantes Gutachten eingegangen. Es stammt von der Firma hhpberlin. In dem dreiseitigen Papier gesteht hhp „Abweichungen zwischen Brandschutzkonzept, Baugenehmigung und baulicher Realisierung des Flughafens ein“, sagte BER-Technik-Chef Horst Amann am Wochenende. Fest steht jetzt laut Amann nach der Auswertung des Papiers, dass noch nicht für alle offenen Punkte tragfähige Lösungen vorliegen. Konkret meint das: Am Flughafen ist noch gar nichts gut, die Risiken enorm.

Tatsächlich bezeichnet hhp die Eröffnung kritisch. Grund sind erhebliche Abweichungen von den behördlich genehmigten Plänen bei der Brandschutzanlage im Bereich der Gepäckausgabehalle und der Sprinkleranlage. Es gibt ernste Stimmen, die warnen, dass das Terminal teilweise wieder aufgerissen werden muss. Die Folgen sind erneute Verzögerungen auf der Baustelle und zusätzliche Kosten. Nach der geplatzten, für Juni 2012 vorgesehenen Eröffnung ist das alles andere als eine Nebensächlichkeit.

Im Hauptausschuss aber war davon keine Rede – und das eine Woche nach Eingang des hhp-Schreibens bei der Flughafengesellschaft und der Weitergabe der Informationen an die Gesellschaft, also den Bund, Berlin und Brandenburg. Auch Technik-Chef Amann verlor kein Wort über die neuen Risiken. Dabei war der Stand des Großprojektes ausdrücklich Thema der Sitzung. Stattdessen sagte Amann, der Bau des BER sei insgesamt auf einem guten Weg und im Terminplan. Er berichtete, dass es auf der Baustelle momentan noch ruhig zugeht, dass zweihundert bis zweihundertfünfzig Handwerker dort draußen gerade tätig sind, dass das Chaos in den Kabeltrassen weitgehend bereinigt sei und dass die Arbeiten noch im November wieder hochgefahren werden. Auch Regierungschef Platzeck sagte laut Teilnehmern nichts über das Warn-Schreiben der Brandschutzexperten von hhp.

Warum das aber so war, warum der Hauptausschuss nicht über die gravierenden Probleme beim Brandschutz informiert wurde, diese Frage ließ die Staatskanzlei unbeantwortet. Stattdessen hieß es, man habe vollstes Vertrauen in Amanns Problemlösungskompetenz. Auffällig ist zudem, dass wiederholt Medienberichte den neuen Fall publik gemacht haben. Denn einen entsprechenden Bericht der Bild-Zeitung bestätigte Amann am Wochenende indirekt.

Für die Opposition ist das eine Steilvorlage. „Ministerpräsident Platzeck ist nicht mehr Herr des Verfahrens“, sagte CDU-Verkehrsexperte Rainer Genilke. Der Brandschutz werde erneut zu Achillesferse des Flughafens, mit Folgen für den Eröffnungstermin und die Kosten – und dies mit Wissen der Gesellschafter. „Am Flughafen BER ist nichts geklärt und wir erleben einen sprachlosen Ministerpräsidenten.“ CDU-Fraktionschef Dombrowski sagt, er erwarte von Platzeck umgehend eine politische Einschätzung der Lage. „Spätestens in der kommenden Landtagssitzung muss er Stellung nehmen.“ Und das ist bald. Das Parlament kommt am Mittwoch und Donnerstag im Plenum zusammen.

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