Brandenburg: Streit um die Dauer der Stallpflicht
Bauernbund widerspricht Agrarminister / Landwirte bangen um Einnahmen / Testergebnisse erwartet
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Potsdam/Schwedt - Brandenburgs Bauern wehren sich gegen die Überlegungen, wegen der Vogelgrippe die Stallpflicht auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Der Bauernbund Brandenburg wies entsprechende Äußerungen von Brandenburgs Agrarminister Dietmar Woidke (SPD) gestern zurück.
Woidke hatte im Interview mit den PNN am Vortag gesagt, „wir müssen uns bei der gegenwärtigen Bedrohungslage darauf einstellen, dass die Stallpflicht unbegrenzt bestehen bleiben muss“. Der Geschäftsführer des Bauernbundes, Reinhard Jung, wies dies gestern zurück: „Die Vogelgrippe ist keine Katastrophe, und Tierhaltung ist keine Risikotechnologie.“ Bei der Vogelgrippe sei keine größere Gefahr zu erkennen als bei früheren Geflügelkrankheiten, die mit herkömmlichen Mitteln eingedämmt werden konnten, so Jung. Die Stallpflicht schade Landwirtschaftsbetrieben, die sich mit Freilandhaltung und Direktvermarktung ein Standbein aufgebaut haben, und zwinge Kleinerzeuger zum Aufgeben. Woidke dagegen argumentierte, dass die Vogelgrippe – anders als Rinderwahnsinn und Geflügelpest – in der freien Wildbahn ausgebrochen ist. Da nicht mehr nur allein Zugvögel betroffen sein, sondern auch ständig in der Region nistende Vögel, drohe nun ganzjährig die Gefahr, das die Seuche auf Nutztierbestände übergreift. Die Stallpflicht war ursprünglich nur für die Zeit der Vogelzüge im Herbst und Frühjahr verhängt worden.
Woidke bekräftigte gestern seine Interview-Äußerungen: Er könne sich schwer vorstellen, dass es in absehbarer Zeit wieder massenhaft Freilandhaltung geben wird. Man müsse die Gefahren gegeneinander abwägen. Wenn der Virus in Nutztierbeständen auftauche, drohten allen deutschen Geflügelhaltern Exportsanktionen, wie sie nun französische Erzeuger zu spüren bekommen. Nach der Bestätigung des ersten Falls von Vogelgrippe in einem Zuchtbetrieb in Frankreich und damit innerhalb der EU verhängten bis gestern rund 20 Länder einen Einfuhrstopp für französisches Geflügel.
Polen hat an seinen Grenzübergängen zu Brandenburg mit Schutzmaßnahmen begonnen. An der Oderbrücke von Krajnik Dolny nach Schwedt wurden Seuchenschutzmatten ausgelegt, die alle Fahrzeuge, Radfahrer und Fußgänger passieren müssen. Nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt waren im Nationalpark Unteres Odertal am 20. Februar die Kadaver eines Höckerschwans und einer Wildente gefunden worden. Beide trugen, wie am Samstag bekannt wurde, den Erreger H5N1 in sich.
In den in der Uckermark eingerichteten Schutz- und Sperrzonen sind 108 private Tierhalter mit knapp 1000 Tieren von den Auflagen betroffen. „Sie dürfen ihr Geflügel nicht aus dem Sperrbezirk herausbringen“, sagte die Sprecherin der Uckermark-Kreisverwaltung, Ramona Neumann, gestern. Betroffen ist auch ein gewerblicher Geflügelhalter. Innerhalb des Sperrbezirkes, der rund um die Schwedter PCK Raffinerie GmbH eingerichtet wurde, befindet sich die Heinersdorfer Agrargesellschaft mbH, in der 25 000 Enten gehalten werden. Nach Angaben des Unternehmens drohen der Firma herbe Verluste, wenn die Sperren über einen längeren Zeitraum anhalten.
Für heute erwarten die brandenburgischen Krisenstäbe die endgültigen Testergebnisse des Friedrich-Loeffler-Instituts fürs die beiden infizierten Vögel. Dann soll feststehen, ob Schwan und Wildente an dem besonders aggressiven Vogelgrippe Virus H5N1/Asia erkrankt waren.
Im Löffler-Institut auf der Ostsee-Insel Riems wird derzeit auch ein zweiter Schwan aus der Uckermark untersucht, der am Samstag im Sperrgebiet verendet gefunden worden war. Um Zeit zu sparen hatten ihn die Behörden direkt – ohne einen Schnelltest im Landeslabor in Frankfurt (Oder) zu machen – an das Referenzlabor des Bundes geschickt.
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