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Brandenburg: Stress schadet im Job

Politik und Krankenkassen fordern von Brandenburgs Firmen mehr Prävention. Arbeitnehmer im Schnitt 30 Tage krankgeschrieben

Von Matthias Matern

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Potsdam/Berlin - Stress auf Arbeit wird in Brandenburg immer mehr zum volkswirtschaftlichen Problem. Während sich die psychische Belastung am Arbeitsplatz laut einer aktuellen Umfrage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) bundesweit seit 2006 kaum verändert hat, ist übermäßiger Stress als Grund für Arbeitsunfähigkeit auch in Brandenburg auf dem Vormarsch. Knapp 30 Tage im Schnitt sind Arbeitnehmer landesweit deswegen krankgeschrieben. Dem jüngsten Gesundheitsbericht der Länder Berlin und Brandenburg zufolge belegen stressbedingte Krankschreibung bei der Zahl der Fehltage mittlerweile den dritten Platz unter allen Erkrankungen. Zudem sind sie dem Bericht zufolge die Hauptursache für Frühverrentungen. Politik und Krankenkassen fordern daher von Firmen mehr gesundheitliche Vorsorge.

„Wir haben im Land Brandenburg eine erhebliche Zunahme von Krankschreibungen wegen seelischer Störungen und psychischer Erkrankungen“, bestätigt auch Ernst-Friedrich Pernack, Referatsleiter Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit im brandenburgischen Arbeitsministerium. Um einen wachsenden volkswirtschaftlichen Schaden abzuwenden müsse dringend mehr für die Prävention im Arbeitsprozess getan werden. „Laut Arbeitsschutzgesetz hat jeder Arbeitgeber die Pflicht, mögliche Gefahren am Arbeitsplatz zu analysieren und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Leider passiert das noch zu selten“, kritisiert Pernack die Firmenchefs.

Dem aktuellen Stressreport des BAuA zufolge, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde, fühlt sich bundesweit fast jeder zweite Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zunehmend gestresst, fast jeder fünfte arbeitet an der Grenze der Leistungsfähigkeit. Für die Studie wurden knapp 18 000 Arbeitnehmer in Deutschland gefragt. 58 Prozent der Beschäftigten müssen der Umfrage zufolge verschiedenartige Arbeiten gleichzeitig betreuen, jeder zweite berichtet von starkem Termin- und Leistungsdruck. 44 Prozent klagen über Störungen bei der Arbeit, etwa durch Telefonate und E-Mails. Auf einer Tagung zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt rief auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Dienstag die Arbeitgeber auf, das Problem anzugehen. „Zu wenige Betriebe werden tätig“, klagte die Ministerin. Dabei sprächen die Zahlen eine deutliche Sprache: „Wir haben 2011 59 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage wegen psychischer Erkrankungen registriert. Das ist ein Anstieg um mehr als 80 Prozent in den letzten 15 Jahren“, sagte von der Leyen. Allein die Produktionausfälle durch psychische Erkrankungen beliefen sich auf sechs Milliarden Euro.

Eine Zunahme von stressbedingten Krankschreibungen fällt im Land Brandenburg volkswirtschaftlich ganz besonders ins Gewicht. Ohnehin sind in keinem anderen Bundesland Arbeitnehmer so häufig krankgeschrieben. Auch Berlin liegt deutlich über dem Bundesschnitt. Laut Gesundheitsbericht gingen allein 2011 in beiden Ländern durch die Fehlzeiten mindestens 25 Millionen Arbeitstage dadurch verloren.

Heike Weinert von der Techniker Krankenkasse Brandenburg (TK) sieht ebenfalls die Unternehmen in der Pflicht. Die Situation habe sich verschärft. „In Brandenburg hat sich die Zahl der Verschreibungen von Antidepressiva in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt, ebenso die Klinikaufenthalte wegen psychischer Probleme“, so Weinert. Das Thema müsse in den Unternehmen endlich zur Chefsache erklärt werden. „Ein kleiner Entspannungskurs reicht da nicht“, warnt die Krankenkassen-Sprecherin. Zwar arbeite die TK seit mehreren Jahren mit Unternehmen im Land zusammen, doch bei vielen Firmen gebe es „sicherlich noch Nachholbedarf.

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