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Brandenburg: Tack in der Kritik

Die Ministerin soll Mittel für wichtige Angebote der HIV- und Aids-Prävention gestrichen haben. FDP: „Sie ist völlig unfähig.“

Von Matthias Matern

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Potsdam – Brandenburgs Umwelt- und Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke) steht erneut heftig in der Kritik. Der Landesverband Bündnis Faires Brandenburg, der sich für den Abbau von Vorurteilen gegenüber homosexuellen Menschen starkmacht, wirft der Ministerin vor, notwendige Mittel für die HIV- und Aids-Prävention im Land gestrichen zu haben und damit einen Anstieg von Infektionen im Land zu riskieren. „Frau Tack zerstört mit einem Fingerschnipp eine jahrelang gewachsene und bewährte Beratungsstruktur für nicht heterosexuelle Menschen“, erklärte der Vorsitzende des Bündnisses, Jirka Witschak, am Donnerstag den PNN. Tacks Entscheidung beweise „die Kurzsichtigkeit und wahre Inkompetenz der rot-roten Landesregierung“, kritisierte auch der FDP-Fraktionsvorsitzende im brandenburgischen Landtag und Sprecher für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Andreas Büttner.

Konkret geht es Witschak zufolge um einen Gesamtantrag des Bündnisses für mehrere Angebote, die Bestandteil der landesweiten und als deutsches Leuchtturmprojekt ausgezeichneten Kampagne „Love-Sex-Safe“ sind. Unter anderem wurden bislang von den Akteuren des Bündnisses kostenlose HIV-Schnelltests an mehreren Orten im Land angeboten, HIV-Infizierte betreut oder homosexuelle Menschen bei ihrem Coming-out begleitet. Mitglieder des Bündnisses sind unter anderem die Potsdamer Vereine „Katte e.V.“ und „Positiv Wohnen e.V.“.

Bislang seien die Projekte anstandslos vom Gesundheitsministerium gefördert worden, Anfang des Jahres aber sei ein Gesamtantrag erstmals abgelehnt worden, so Witschak. „Wir wurden aufgefordert, den Förderantrag in Höhe von 17 000 Euro auf eine Summe von 10 000 Euro zu kürzen, weil angeblich kein Geld dafür da ist.“ Später sei auch der reduzierte Antrag abgelehnt worden. Als Begründung habe es dann plötzlich geheißen, längerfristige Projekte könnten nicht über Lottomittel gefördert werden. Gespräche über die Zukunft der Angebote habe Tack bislang angelehnt, so der Bündnisvorsitzende.

Im Gesundheitsministerium weist man die Kritik zurück. Dass die Mittel gestrichen worden seien, stimme so nicht, hieß es am Donnerstag lediglich. Der Förderantrag sei geprüft, aufgrund erheblicher Mängel aber abgelehnt worden.

Aus Sicht von FDP-Fraktionschef Büttner hat Tack einmal mehr bewiesen, „dass sie völlig unfähig ist, das Ministerium zu führen“. „Die Auseinandersetzungen mit Wirtschaftsminister Christoffers um die Energiepolitik, die Streitereien um die Biber- und die Kormoranverordnungen, die bislang fehlende Naturschutzreform – alles, was Frau Tack angefasst hat, ist bisher schiefgegangen“, so Büttner. Jetzt habe sie sich wahrlich auch den Titel „Un-Gesundheitsministerin“ verdient.

Auch Uwe Fröhlich, Direktkandidat der Potsdamer Grünen für die kommende Landtagswahl im September und ebenfalls Mitglied im „Bündnis Faires Brandenburg“, hält Tacks Entscheidung für einen schweren Fehler. „Das ist unverantwortlich. Der Großteil der Angebote von freien Trägern ist damit gefährdet“, so der Grünen-Politiker. Aids-Hilfe und -Prävention ließen sich nicht ausschließlich über die staatlichen Gesundheitsämter größerer Städte organisieren: „Es geht darum, dass Selbsthilfeprojekte in ihrer Vielfalt gefördert werden“, so Fröhlich.

Die Zahl der HIV-Infektionen in Brandenburg steigt seit Jahren kontinuierlich an – nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes waren Ende 2012 rund 780 Menschen im Land HIV-positiv. 64 neue Erstdiagnosen wurden in dem Jahr registriert, dreimal so viele wie vor zehn Jahren.

Witschaks Kritik richtet sich explizit gegen Tack, nicht ihre Mitarbeiter. „Das zuständige Referat hatte mehrfach eine Förderung empfohlen. Es war ihre persönliche Entscheidung“, so der Chef des Bündnisses. Ohnehin habe Brandenburg bislang im Bundesvergleich extrem wenig für die Aids-Hilfe ausgegeben. „Da liegen wir auf einem der hinteren Plätze“, so Witschak. Absurderweise aber unterlaufe die Ministerin mit ihrer Entscheidung auch das von ihr selbst ausgegebene gesundheitspolitische Ziel „Brandenburg gemeinsam gegen AIDS“, das im Wesentlichen auf den gefährdeten Angeboten basiere. „Wenigstens die Hälfte alle Projekte, die unter diesem Motto bisher gelaufen sind, muss gestrichen werden.“

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