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Brandenburg: Tausch der S-Bahn-Räder dauert bis 2013

Brandenburgs Grüne: Platzeck muss S-Bahn-Chaos zur Chefsache machen / Unzumutbare Zustände für Pendler

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Potsdam/Berlin - Das Chaos bei der S-Bahn wird noch Monate dauern. Das befürchten Mitarbeiter aus den Fahrerkabinen und Werkzeughallen. Auch die Deutsche Bahn, der Eigner der S-Bahn, teilte am Sonntag mit, die Reparaturen mangelhafter Radscheiben der S-Bahnzügen, die den Nahverkehr der Hauptstadt seit Monaten massiv stören, werden insgesamt noch länger als zwei Jahre, wahrscheinlich sogar bis 2013 dauern. Die Hersteller könnten pro Monat nur knapp 200 Radscheiben herstellen, die S-Bahn benötige aber noch 2700 Scheiben, bestätigte der Bahn-Sprecher. Außerdem müssten die Züge bei den Kontrollen in den Werkstätten mindestens fünf Grad Celsius warm sein. „Dennoch werden wir noch dieses Jahr den Normalfahrplan wieder aufnehmen“, sagte ein Sprecher von Bahnchef Rüdiger Grube dem Tagesspiegel. Ab wann genau mit Normalverkehr auf den Schienen zu rechnen sei, wolle man in den kommenden Tagen mitteilen.

Im brandenburgischen Landtag fordern die Grünen unterdessen von der Landesregierung mehr Engagement für die Behebung des S-Bahn-Chaos. „Zigtausende S-Bahnkunden, die täglich zwischen Berlin und Brandenburg pendeln, sind bei Minustemperaturen beispiellosen Zumutungen ausgesetzt“, erklärte der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Michael Jungclaus, am Sonntag. Wochentags pendeln mehr als 160 000 Brandenburger zur Arbeit nach Berlin, umgekehrt fahren mehr als 60 000 Hauptstädter montags bis freitags ins Umland – ein Großteil davon mit S- und Regionalbahn.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) müsse das Bahnproblem „zur Chefsache“ machen, erklärten die märkischen Grünen. Immerhin zahle Brandenburg pro Jahr rund 30 Millionen Euro an die Bahn – für den S-Bahnverkehr im Umland Berlins. Deshalb solle Platzeck an einem geplanten Treffen von Berlins Regierendem Bürgermeister, Klaus Wowereit (SPD), und Bahnchef Grube teilnehmen. Berlin und Brandenburg müssten entschlossen gegenüber ihrem Vertragspartner auftreten. „Die Bahn AG und ihre Tochtergesellschaft S-Bahn müssen unverzüglich für deutlich spürbare Verbesserungen der chaotischen Zustände sorgen“, sagte Jungclaus. Die Zahl der Ersatzzüge im Regionalbahnnetz müsse weiter aufgestockt und dieses Angebot mindestens bis zum nächsten Fahrplanwechsel am Jahresende bestehen bleiben. Außerdem plädierte er für eine deutlich verbesserte Kundeninformation sowie einen fairen und angemessenen Entschädigungsmodus.

Angesichts der wegen langer Wartezeiten auf den Bahnsteigen frierenden Fahrgäste regen sich nicht nur die Grünen auf. Der Berliner SPD-Abgeordnete Andreas Köhler hat nach eigener Auskunft am Sonntag in am S-Bahnhof Karlshorst kostenlos Tee an die wartenden Fahrgäste verteilt. Die Reisenden seien wütend, dass die S-Bahn von ihrer Eigentümerin, der Deutsche Bahn, auf Verschleiß gefahren wurde, sagte Köhler. Bahnchef Grube bestritt, dass der Konzern die Probleme seiner Tochter S-Bahn durch hohen Kostendruck verursacht habe.

Erst am Donnerstag musste die Bahn den Zugtakt weiter einschränken. Witterungsbedingt sollen nach Angaben der S-Bahn derzeit weitere 100 aus je zwei Wagen bestehende Fahrzeugeinheiten nicht einsatzfähig sein. Weitere stehen in den Werkstätten, weil die Sicherheitskontrollen verschärft worden sind. Von etwa 550 zu Stoßzeiten normalerweise benötigten Fahrzeugeinheiten waren am Donnerstag nur 275 unterwegs. Den kalten Winter für Zugausfälle verantwortlich zu machen, sei unsinnig, erklärte Grünen-Verkehrsexperte Michael Jungclaus. Jahrzehntelang hätten S-Bahnen schließlich auch im Winter funktioniert.

S-Bahn-Betriebsratschef Heiner Wegner griff die Bahn AG hinsichtlich der Vorbereitungen der Gleise auf den Winter erneut scharf an. Für diese Wartung sei nicht die S-Bahn, sondern die Bahn AG zuständig. Der Betriebsrat sei zwar inzwischen mit der Winterwartung der Züge zufrieden. Zugleich wird aber gerügt, dass es Mängel bei der Gleiswartung gibt, beispielsweise Weichenheizungen ausgebaut oder schlecht gewartet würden. Hannes Heine

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