BER-Skandal: Täuschungen und Vertuschungen
Mit der Wahrheit tut sich der Flughafen schon lange schwer – beim Festlegen der Flugrouten ebenso wie bei den Terminankündigungen
Stand:
Schönefeld - Wer hat wann was von der bevorstehenen Pleite bei der Flughafen-Eröffnung gewusst? Diese Frage ist weiter nicht beantwortet. Fest steht, dass es beim Flughafen üblich ist, negative Berichte möglichst lang zu vertuschen. Zuletzt teilte der Flughafen am Montag anlässlich der Inbetriebnahme des neuen Hangars von Air Berlin und Germania noch offiziell mit, „in weniger als einem Monat“ gehe der neue Hauptstadtflughafen BER in Betrieb. Dabei hatte sich am Wochenende bereits klar abgezeichnet, dass der Termin 3. Juni nicht mehr zu halten sein wird. Am Dienstagmittag wurde die Verschiebung dann zugegeben. Solche Vertuschungsversuche gab es schon früher.
FLUGROUTEN
Bereits spätestens 1998 war den Planern klar, dass die bisher veröffentlichten Flugrouten nicht mehr mit den internationalen Vorgaben übereinstimmten. Der damalige Flughafenchef Götz Herberg bat das Bundesverkehrsministerium damals, „Einfluss auf die Deutsche Flugsicherung zu nehmen“, um vorläufig bei den bisherigen Routen bleiben zu können. Sonst wären neue Gutachten erforderlich gewesen. So wurden die betroffenen Anwohner bis September 2010 über die realen Routen bewusst getäuscht.
TERMINAL–KOSTEN
Im Sommer 2007 meldete diese Zeitung, dass der Bau des Abfertigungsgebäudes statt der veranschlagten 630 Millionen Euro nun eine Milliarde Euro kosten sollte. Diese Summe hatten die Bewerber in einer Ausschreibung genannt. Wochenlang dementierte die Flughafengesellschaft den Kostenanstieg. Gut zwei Monate später hob man dann das Verfahren auf – wegen des geforderten Preises von einer Milliarde Euro.
TERMINE
Als 1999 das Planfeststellungsverfahren – mit den nicht angepassten Flugrouten – eingeleitet wurde, nannte man als Eröffnungstermin das Jahr 2007. Obwohl spätestens 2003 nach dem gescheiterten Privatisierungsverfahren fast kein Experte mehr damit rechnete, dass dieser Termin noch gehalten werden könnte, blieb der Flughafen in seinen Erklärungen weiter bei diesem Termin, ehe er sich dann exakt auf den 30. Oktober 2011 festlegte.
Der Tagesspiegel berichtete dann am 17. April 2010, dass der Termin „wackele“. Wenige Tage vor dem Richtfest für das Abfertigungsgebäude dementierte Flughafenchef Rainer Schwarz dies öffentlich und nochmals bei einem Redaktionsbesuch, bei dem er wetterte, wie man eine solche Falschmeldung veröffentlichen könne. Beim Richtfest wurde dann auch vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verkündet, es bleibe beim vorgesehenen Termin. Ende Mai meldete wiederum ddiese Zeitung, dass sich die Eröffnung doch verschieben werde; möglicherweise um ein Jahr. Erneut kamen wütende Dementis von der Flughafengesellschaft, die weiter behauptete, am 30. Oktober 2011 werde der Flughafen in Betrieb gehen. Die Wahrheit kam auch hier mit mehrmonatiger Verspätung. Als neuer Termin wurde dann der 3. Juni 2012 genannt, was bis Dienstag galt. Eine frühzeitige Warnung, dass auch dieses Ziel nicht mehr garantiert werden konnte, erhielten weder die Fluggesellschaften noch die künftigen Mieter der rund 150 Läden und Lokale auf dem neuen Flughafen. Ob die ersten Maschinen nun wirklich im August abheben werden, wie es der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck unmittelbar nach der Terminverschiebung verkündet haben, wird sich zeigen.
URSACHEN
Grund für die Absage seien Probleme bei den Brandschutzanlagen, heißt es nun offiziell. Nach Angaben von Insidern gibt es aber weitere Schwierigkeiten – vor allem bei der hochkomplexen Datenverarbeitung, bei der man am Flughafen zum Teil auch Neuland betreten hat. Von 100 für den Flugbetrieb erforderlichen Prozessen funktionieren derzeit nach Informationen dieser Zeitung lediglich 50 bis 60 Prozent. Dies hat der Flughafen bisher nicht dementiert – seine Sprecher schweigen derzeit.
KOSTEN
Obwohl es unzählige Änderungen in der Planung gegeben hat, gibt der Flughafen weiter an, man sei immer noch im Finanzierungsplan mit einem Volumen von 2,4 Milliarden Euro. Nach nach Informationen dieser Zeitung hat man aber inzwischen 350 Millionen Euro draufsatteln müssen. Noch hat der Flughafen auch auf diese Information nicht reagiert.
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