
© Andreas Klaer
„Tausende Schutzsuchende vorverurteilt“: Brandenburgs Innenministerin Lange erntet Kritik für Aussagen zur Flüchtlingspolitik
Im Tagesspiegel-Interview kündigte Brandenburgs neue Innenministerin Katrin Lange (SPD) mehr Rückführungen an – und forderte eine „andere Politik.“ Die Reaktionen.
Stand:
Brandenburgs neue Innenministerin Katrin Lange (SPD) hat für ihr Plädoyer im Tagesspiegel-Interview für mehr Rückführungen aus Brandenburg, eine härtere Innenpolitik und gegen ein AfD-Verbot heftigen Widerspruch bekommen. Lob bekam sie hingegen von der als rechtsextremistischen Verdachtsfall im Land beobachteten Rechtsaußenpartei AfD. Auf Entsetzen stießen die Aussagen der Ministerin bei Wohlfahrtsverbänden, etwa beim Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.
Im Tagesspiegel-Interview hatte Lange, die mit dem Wechsel der Zuständigkeit auch Integrationsministerin ist, die neue Zuständigkeit gegen Kritik und Befürchtungen verteidigt. Sie kündigte an, die geplanten Ausreisezentren im Land zügig arbeitsfähig machen zu wollen und noch 2025 landesweit die Bezahlkarte für Asylbewerber einzuführen und auch Tischfestnahmen von Ausreisepflichtigen bei Terminen in Ausländerbehörden durchzusetzen.
„Die jüngsten Aussagen von Innenministerin Lange und die Eingliederung der Integrationsaufgaben in ihr Ressort sind besorgniserregend“, sagte Diakonie-Vorständin Andrea Asch. Der harte Kurs des früheren CDU-Ministers Michael Stübgen werde nicht nur fortgeführt, sondern verfestigt. „Den Bürgern wird suggeriert: Migration ist zuvorderst ein Sicherheitsproblem“, warnte Asch. „Damit werden tausende Schutzsuchende und Menschen, die unsere Gesellschaft bereichern möchten, vorverurteilt.“
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Diakoniechefin entsetzt von den Aussagen
Selbstverständlich müsse geltendes Recht durchgesetzt werden, sagte die Diakoniechefin. „Aber Symbolpolitik wie die Einführung von Bezahlkarten ohne jeden nachweisbaren Effekt, die Einrichtung teurer Ausreisezentren für Menschen, die gar nicht abgeschoben werden können oder inhumane Tischfestnahmen bewirken das Gegenteil“, sagte Asch. „Frustration bei allen Bürgern, die sich auch in unseren 900 Brandenburger Einrichtungen für ein gutes Ankommen im sicheren, wohlhabenden Deutschland einsetzen.“ Nötig seien starke Migrations- und Flüchtlingssozialarbeit, einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung und soziale Teilhabe.
Außerdem legte Lange SPD-Bundeschefin Saskia Esken ein Talkshow-Verzicht nahe und forderte als Rezept gegen die erstarkende AfD eine andere, bessere Politik. Zugleich sprach sie sich gegen ein AfD-Verbotsverfahren aus, da ein Scheitern „ziemlich wahrscheinlich“ sei.
Die realistischste Ministerin in der SPD.
nannte AfD-Fraktionschef Berndt die neue Innenministerin Katrin Lange
AfD-Fraktionschef Berndt nannte Lange gegenüber dieser Zeitung die „realistischste Ministerin in der SPD“. Die Prignitzerin würde im Tagesspiegel-Interview ausführen, dass die AfD bei weitem nicht so stark wäre, wenn es eine andere Politik gäbe. „Ich frage mich, warum Katrin Lange noch nicht in der AfD ist“, so Berndt. Seine Partei sei auch für ehemalige SPD-Mitglieder offen. „Und es gibt kaum jemanden in der SPD, der besser zu uns passen würde, als Katrin Lange – sie ist ganz offenbar in der falschen Partei.“
Der Brandenburger CDU-Innenpolitiker und frühere Minister Rainer Genilke wiederum reagierte empört, dass Lange der Einführung einer von der Union geforderten märkischen Grenzpolizei eine klare Absage erteilt hatte, und zwar unter Verweis auf die Zuständigkeit des Bundes. „Das ist ein riesiger Fehler von Katrin Lange“, sagte Genilke. Bei Grenzkontrollen nur auf die Bundespolizei zu verlassen, greife in der aktuellen Situation zu kurz. „Die bayrische Grenzpolizei fährt deutliche Erfolge insbesondere gegen den Drogenschmuggel ein“, erklärte Genilke.
Zum einen zeigten die Kriminalstatistiken gerade im Osten Brandenburgs einen starken Anstieg an Straftaten, so Genilke. Zum anderen sei die Bekämpfung der illegalen Migration ureigenstes Interesse, weil diese zusätzlichen Belastungen durch illegale Migration direkt auf die Kommunen in Brandenburg durchschlügen.
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