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Gefriertrockner: Teures Behördenversagen in Förderaffäre

Brandenburgs Prüfer sollen im Fall der Betrugsfirma HBS die EU-Kommission falsch informiert haben.

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Potsdam - In der Fördermittel-Affäre um die Luckenwalder Firma Human Biosciences (HBS) geraten die Brandenburger Behörden weiter in Erklärungsnot – diesmal gegenüber der EU-Kommission. Wie das RBB-Magazin Klartext berichtet, soll die im Finanzministerium angesiedelte Prüfbehörde für EU-Fördermittel gegenüber der EU-Kommission zur HBS unvollständige und zum Teil wahrheitswidrige Angaben gemacht haben.

Zudem könnte die Affäre um den Subventionsbetrug durch die HBS-Manager weitere finanzielle Folgen für das Land Brandenburg haben. Die EU-Kommission muss nach geltendem Recht bei Betrug Fördermittel zurückfordern. Insgesamt haben sich zwei HBS-Manager 6,5 Millionen Euro erschlichen, knapp 5 Millionen Euro stammten aus EU-Töpfen. Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt gegen beide, Inhaber und Geschäftsführer, wegen schweren Betrugs zum Schaden der Förderbank ILB, sie sitzen in Untersuchungshaft. Die EU-Abgeordnete Inge Gräßle (CDU) sagte dem RBB: Bei Fälschungen „entlang der ganzen Kette“ und bewusster Irreführung der Behörden in Brüssel müsse die EU gezwungenermaßen die Fördergelder zurückfordern.

Dass es so weit kommt, daran haben offenbar auch Brandenburgs Behörden ihren Anteil. Konkret soll die Prüfbehörde beim Finanzministerium gegenüber der EU falsche Angaben zum Kauf von Gefriertrocknern zur Herstellung moderner Wundpflaster gemacht haben, die sich die HBS fördern ließ. Tatsächlich hatte die HBS die Geräte überteuert und mit gefälschten Belegen abgerechnet, in Luckenwalde waren die Maschinen jedoch nie angekommen. Das Geld verschwand im Ausland. Dennoch stellte Brandenburg den Sachverhalt laut Klartext-Bericht gegenüber der EU-Kommission ganz anders dar. Kommission teilte dem Magazin mit: „Die Prüfbehörde Brandenburgs hat – im Rahmen ihrer jährlichen stichprobenbasierten Prüfungen – die gegenüber der Kommission 2011 gemeldeten Ausgaben geprüft. Dabei hat sie sich vor Ort bei der HBS vom Vorhandensein der Gefriertrockner überzeugt. Die Zahlungsbelege wurden im Nachgang zur Prüfung in Form von Kontoauszügen erbracht.“

Zudem soll die HBS nach Recherchen von Klartext und PNN trotz des Verbots von Bargeldzahlungen bei Fördergeschäften Barschecks bei der Prüfbehörde vorgelegt und Kontoauszüge gefälscht haben, um zu verschleiern, dass die Checks nicht gedeckt waren. Landesförderbank und Prüfbehörden sollen dies nach RBB- und PNN-Informationen auch bemerkt, aber nicht an die EU gemeldet haben.

Eine Sprecherin des Finanzministeriums wies die Vorwürfe als unwahr zurück. Sie widersprach auch der Darstellung der EU-Sprecherin. Es habe nur einen Prüfvorgang zur HBS über die Fördervorgänge der ILB bis Oktober 2010 gegeben. Dieser Prüfvorgang sei 2011 abgeschlossen worden. Die Behörde sei zudem im Auftrag der Kommission tätig und prüfe Verwaltungshandeln, nicht jedoch die geförderten Unternehmen selbst.

Tatsächlich muss die Prüfbehörde im Finanzministerium genau untersuchen, ob die von der ILB akzeptierten Unterlagen der HBS den Richtlinien entsprechen. Warum also die Prüfbehörde angeblich nichts fand, ist unklar. Denn bereits am 21. April 2011 hatte es eine erste Ausschüttung von ILB-Geldern in der Höhe von 3,3 Millionen Euro für die Gefriertrockner gegeben. Schon damals gab es nach einem externen Gutachten für die ILB erhebliche Zweifel, ob diese Geräte tatsächlich zu den von der Firma angegebenen Konditionen erworben worden sind. Trotz aller Zweifel und deutlicher Hinweise sind im September 2012 weitere 3,2 Millionen Euro an die HBS geflossen.

Schaden entstand durch das Versagen der brandenburgischen Behörden und mangelnder Kontrolle in der HBS-Affäre nicht nur für die Staatskasse mit 6,5 Millionen Euro verlorenen Fördermitteln und einer Investitionszulage von mehr als 7 Millionen Euro – sondern auch für Firmen. Laut Klartext haben sich beim Insolvenzverwalter 109 Gläubiger gemeldet. Ihre Forderungen belaufen sich auf knapp 28 Millionen Euro.

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