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Brandenburg: Trauer am Amalienpark

Autorin Christa Wolf gab Renate Saavedra einst den Anstoß, einen Buchladen in Pankow zu eröffnen

Berlin - Renate Saavedra hatte gerade ihren Buchladen aufgeschlossen, da klingelt das Telefon: „Christa Wolf ist tot.“ Was tun? Saavedra stellt eine Rose neben Wolfs Bücher und ein Porträt vor die Tür, mit der Aufschrift: Wir trauern. Klar, sie habe gewusst, dass es Christa Wolf in letzter Zeit schlechter ging, sie hatte mit der Tochter gesprochen. „Aber auf so etwas kann man sich nicht vorbereiten.“

Seitdem die Nachricht vom Tod der berühmten Pankowerin die Runde machte, ist es vorbei mit der Stille in Saavedras Buchladen an der Breiten Straße an der Ecke zum Amalienpark. An der kleinen Straße mit seinen Jugendstilhäusern wohnte Christa Wolf jahrelang mit ihrem Mann.

Dass Renate Saavedra in diesem Buchladen steht, hat sie Wolf zu verdanken. Saavedra hatte als Lektorin gearbeitet und war nach der Wende in der DDR arbeitslos geworden. Ich habe mich gefragt: Was kannst du?“ So sei die Idee entstanden eine eigene Buchhandlung zu eröffnen. Und Christa Wolf wollte unbedingt eine gute in Pankow. Saavedra war von der Lage ihres ersten Ladens an der Damerowstraße nicht begeistert. Zu wenig Laufkundschaft, zu weit draußen. „Aber Christa Wolf war da zuversichtlich: Wir veranstalten Lesungen, dann kommen auch die Leute.“ Sie sollte recht behalten.

Schon kurz nach der Eröffnung des Ladens reichten die Räumlichkeiten nicht mehr aus. Bei Wolfs Lesung der „Medea“ im Jahr 1994 die Buchhandlung überfüllt, und Pankow hatte ein neues kulturelles Zentrum .

„Sie wollte diese Nähe zwischen Autor und Leser“, erinnert sich Saavedra. Aber irgendwann sei das auch zu viel geworden. Bei Wolfs letzter Lesung im Dezember 2010 habe Saavedra einschreiten müssen: „Bitte lassen Sie nur ein Buch pro Besucher signieren.“ Wolf sei da schon körperlich angeschlagen gewesen. Körper und Psyche seien bei der Autorin immer sehr nah miteinander verbunden gewesen. Das hinterlässt Spuren.

Die tiefsten habe wohl die Stasi-Sache hinterlassen, glaubt die Buchhändlerin. Anfang der 1990er Jahre war bekannt geworden, dass Wolf unter dem Namen „IM Margarete“ bei der Stasi geführt worden war. Wolf wehrte sich und veröffentlichte ihre gesamte Akte. Die Kontroverse lenkte viel Aufmerksamkeit auf den Fall. Als Renate Saavedra die Autorin nach einer gefeierten Lesung von „Leibhaftig“ nach Hause begleitete, habe Wolf gesagt: „Schon eigenartig: Erst werde ich im Osten auf ein Podest gestellt. Und jetzt hier. Ich will aber auf keinen Sockel. Die Menschen stellen einen drauf, nur um ihn dann umzustürzen.“

Sie sei ein sehr zurückhaltender und sehr warmherziger Mensch gewesen, sagt Saavedra. Sie hat sich für die anderen interessiert. „Das wird mir fehlen.“ Die letzten beiden signierten Ausgaben von Wolfs Büchern, habe sie am Morgen verkauft.

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