Brandenburg: Treffen der Leichen von Morgen
Am Samstag trafen sich in Guben 700 so genannte Körperspender beim Leichenpräparator von Hagens
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Guben - Gerhard Volkmann aus Rostock zeigt seinen Verwandten das „Body-Mobil“ (Körper-Mobil). „Wenn das silberne Spezialfahrzeug unmittelbar nach meinem Tod vor der Tür steht, dann geht''s ab nach Guben“, erzählt der Mann, der seinen Körper nach dem Tod dem umstrittenen Leichenpräparator Gunther von Hagens zur Verfügung stellen will. Seit über einem Jahr trägt der 58-jährige nun einen Spenderausweis in der Brieftasche. „Der Hausarzt und meine Familie wissen, was kurz nach meinem Ableben zu tun ist“, sagt der selbstständige Finanzdienstleister aus Mecklenburg-Vorpommern. In Brüssel, Berlin und Oberhausen hat er sich die Körperwelten-Ausstellungen des Leichenpräparators Hagens angesehen und sich entschieden, diesem irgendwann seinen toten Körper zu geben.
Ehefrau und erwachsene Tochter akzeptierten den Wunsch, der andere eher schaudern lässt.
Neben Volkmann haben sich über 7200 Spender in Deutschland und 8184 weltweit in Hagens'' Karteien registrieren lassen. Etwa 700 von ihnen trafen sich am Samstag in der Neißestadt Guben. Mit Verwandten, Freunden und Bekannten sollen es nach Angaben des Plastinariums sogar weit über 1100 Gäste aus dem In- und Ausland gewesen sein. Bei dem sechsten und größten Treffen von Gleichgesinnten gab es nicht nur einen „Tag der offenen Leichen“ in den ehemaligen Fabrikhallen der Gubener Wolle, sondern auch ein Programm mit Vorträgen über „Die Leiche im Wandel der Zeit“ oder „Leichname für die Anatomie“.
„Die Kritiker sind seit der Eröffnung im November 2006 verstummt“, freute sich Hagens in seiner Begrüßungsrede. „Ich bin glücklich, dass heute keiner mehr draußen steht und protestiert“, sagte der 62-jährige Anatom. Am 16. November 2006 hatte das Gubener Aktionsbündnis für Menschenwürde noch lautstark gegen die Eröffnung des Plastinariums protestiert. „Jetzt hätten wir uns mit einem Protest bei der Übermacht der Körperspender sogar in akute Lebensgefahr begeben“, sagte der Gemeindeleiter der Freikirchlichen Baptistengemeinde Guben, Lothar Meusel. „Wir kümmern uns deshalb in Bibelstunden jetzt mehr um die Lebenden und drücken so unseren Unmut gegen das Plastinarium aus“, erläuterte der 66-jährige Baptist.
„Unser Protest gegen das Vorhaben des Plastinators ist nicht vom Tisch“, sagte auch der Evangelische Gemeindepfarrer Michael Domke. Nach wie vor gehe es der Kirche um die grundsätzliche Frage, wie mit den Verstorbenen umgegangen werden soll. „Die Würde des Menschen endet nicht mit dem Tod“, betonte der 59-jährige Gubener Pfarrer. So denken viele Kirchenmitglieder und auch nicht wenige Gubener Sympathisanten.
„Ja, es gibt noch einige kritische Stimmen“, räumte auch Gubens Bürgermeister Klaus Dieter Hübner (FDP) ein. Die breite Öffentlichkeit begrüße das Plastinarium jedoch. Hier seien bisher 94 Arbeitsplätze geschaffen worden. Es gebe eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Plastinator. Er habe dazu beigetragen, die Attraktivität und das Image der Stadt in kurzer Zeit zu erhöhen.
Unterdessen verkündete Hagens stolz, dass er in Kürze ebenfalls zu den bisher 75 direkt in Guben wohnenden Körperspendern gehören wird.
Anfang des kommenden Jahres will er in eine Wohnung direkt über dem Plastinarium ziehen. Und Hagens hat dann noch viel vor. Auf dem rund 25 000 Quadratmeter großen Gelände sollen in den nächsten Jahren unter anderem eine Großtierhalle, zahlreiche Präparationswerkstätten, ein neuer Entwässerungsbereich und eine Körperkirche (Body Church) entstehen. Britta Beyer
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