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Brandenburg: Türöffner
Der Aufsichtsrat der Flughafen-Gesellschaft diskutiert über Konsequenzen aus den jüngsten Problemen. Der Leiter der Baubehörde des Landkreises gibt den ausführenden Firmen die Schuld
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Berlin - Eine BER-Bauruine muss Berlins Regierender Michael Müller (SPD), der alte, neue Chefaufseher für den unvollendeten Airport in Schönefeld, nicht befürchten: Nach Einschätzung der Baubehörde des Kreises Dahme-Spreewald drohen nach der plötzlichen Absage des BER-Starts 2017 wegen Türproblemen zumindest keine jahrelangen Verzögerungen oder gar ein Aus des BER-Projekts. „Die aktuellen Probleme sind lösbar, es kostet etwas Zeit“, sagte der Kreis-Baubeigeordnete Chris Halecker (Linke) am Dienstag dem Tagesspiegel.
Und die von ihm geführte Baubehörde dürfte wie kaum eine andere unabhängige Institution präzise im Bilde sein, wie es um die Baustelle und die Sanierung des Terminals tatsächlich bestellt ist. Mitarbeiter sind vor Ort, es gibt regelmäßig Abstimmungen mit dem BER-Management. Erst Ende Januar hatte das Amt, dessen Veto 2012 die von den Verantwortlichen betriebene Eröffnung einer Baustelle als Großflughafen verhinderte, die letzte BER-Teilbaugenehmigung erteilt.
Nach Worten Haleckers sind die aktuellen Schwierigkeiten um die noch nicht funktionierenden 800 Automatiktüren und die Sprinkleranlage jedenfalls in keiner Weise mit dem Drama voriges Jahr um die Entrauchung des Tiefbahnhofs unterhalb des Terminals vergleichbar. „Da liegen Welten dazwischen“, sagte Halecker. Ohne die erfolgreiche Lösung des Bahnhofsproblems hätte der Flughafen, der zum Start rund 35 Millionen Passagiere im Jahr bewältigen muss, von der Behörde gar nicht abgenommen und freigegeben werden können. Das sei jetzt anders.
Und schuld an den Rückständen wegen der Türen, deren Integration in die Computersysteme der Entrauchungs- sowie Zugangs- und Sicherungsanlagen nun deutlich länger dauert als geplant, sind laut Halecker „in erster Linie Versäumnisse der bauausführenden Firmen.“ Am Montag hatte Bosch, die wichtigste der neun Firmen für die Automatiktüren, bei einem Krisentreffen auf Einladung von Müller im Roten Rathaus mehr Personal und Koordinierungshilfe zugesagt. Am Dienstag beriet der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft (FBB), die Berlin, Brandenburg und dem Bund gehört, erstmals über Ausmaß und Konsequenzen der jüngsten Absage. Schon vorher war klar, dass es hoch hergehen wird, selbst eine Pressekonferenz am Abend war nicht klar. Denn der Aufsichtsrat war, wie Chefmanager Karsten Mühlenfeld Anfang Januar von der von Technikchef Jörg Marks gemeldeten dramatischen Zuspitzung bei den Türen kalt überrascht worden. Bis dahin hatten alle offiziell am BER-Start im Oktober/November dieses Jahres festgehalten. Eine plausible Erklärung, warum das Frühwarnsystem versagte, gibt es bislang nicht.
Eigentlich sollten die letzten Bauarbeiten im Terminal Ende Januar fertig sein. Stattdessen sind erst 80 Prozent geschafft, drohen nun mindestens Verzögerungen bis zum Sommer. Und allein für die nach Bauende nötigen Tests, Abnahmen und den Probebetrieb waren 2014 für den vom Aufsichtsrat beschlossenen BER-Start 2017 mehr als eineinhalb Jahre einkalkuliert. Vor diesem Hintergrund wird es nach Tagesspiegel-Recherchen bereits eng, den BER 2018 in Betrieb nehmen zu können. Bundesverkehrsstaatssekretär Rainer Bomba (CDU), dienstältester Aufsichtsrat am BER, hatte damals nicht an 2017 geglaubt, seine Hand im Aufsichtsrat nicht gehoben. „Ich war der Einzige, der 2018 gesagt hat“, erklärte Bomba am Dienstag. Dennoch rechnet er nicht damit, dass man sich auf 2019 einstellen muss. „Ich glaube das nicht.“
Ehe es am Dienstag im Aufsichtsrat um BER-Türen und Eröffnungstermine ging, waren erst einmal Wahlen angesagt, und ein Stühlerücken. Berlins Regierender Michael Müller bekommt einen neuen Vize-Aufsichtsratschef: Es ist Holger Rössler, Gewerkschaftssekretär der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Brandenburgs Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider, bisher schon Vize, wird Müllers zweiter Stellvertreter. Nötig ist das alles, weil das Gremium mit dem Wachstum der Firma über 2000 Mitarbeiter hinaus erweitert werden muss.
Die Arbeitnehmerseite stellt im Zuge der paritätischen Mitbestimmung statt bisher fünf nun zehn der zwanzig Mandate, samt einem Vize. Für Berlin neu dabei sind Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne). Ob trotzdem wie bisher allein Müllers Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup als Berliner Vertreter in alle Fachausschüsse geht und die Senatoren wie früher Aufsichtsrat Frank Henkel (CDU) lediglich zu den Sitzungen erscheinen, war bis zuletzt offen.
Das BER-Pannenprojekt war regelmäßig von Konflikten zwischen den drei Eignern begleitet. Mit der Erweiterung verschieben sich im Aufsichtsrat nun die Gewichte von der Politik hin zur Arbeitnehmerseite.
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