Brandenburg: Verfassungsbeschwerde gegen Hochschulfusion
BTU Cottbus wehrt sich weiter gegen den angeordneten Zusammenschluss mit der Fachhochschule Lausitz. Präsident Zimmerli spricht von einem massiven Eingriff in die Hochschulautonomie
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Potsdam/Cottbus - Am Ende könnte das derzeit größte und umstrittenste Vorhaben der brandenburgischen Landesregierung in der Hochschulpolitik am Landesverfassungsgericht scheitern. Die Brandenburgische Technische Universität (BTU) in Cottbus reicht noch in dieser Woche Verfassungsklage gegen die per Gesetz vorgeschriebene Fusion der BTU mit der Fachhochschule Lausitz in Senftenberg ein. Die BTU führt gegen die von der Landesregierung seit einem Jahr vorangetriebene Zusammenlegung von Universität und Fachhochschule schwere Geschütze auf: Sie sieht sich in ihrem elementarsten Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit sowie in ihren Rechten auf Selbstverwaltungsgarantie für Hochschulen verletzt. „Der massive Eingriff in die Hochschulautonomie ist aus unserer Sicht nicht begründet worden“, sagte BTU-Präsident Walther Ch. Zimmerli am gestrigen Dienstag in Potsdam.
Für die Klage hat sich die Universität renommierten Rechtsbeistand geholt: zum einen den Verwaltungsrechtler Klaus Herrmann aus der Kanzlei der früheren Landesverfassungsrichters Matthias Dombert. Zum anderen aber den Bonner Wissenschaftsrechtler Wolfgang Löwer, der Ombudsman der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist und vor einem Jahr vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich das Urteil zur Professorenbesoldung erstritten hatte.
Nach dem vom Landtag im Januar beschlossenen Gesetz soll die Fusion zum 1. Juli 2013 in Kraft treten. Daher beantragt die BTU mit der Klageschrift auch eine Einstweilige Anordnung, mit der die Umsetzung des Gesetzes gestoppt wird. Man wolle damit verhindern, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden.
Herrmann begründete die Klage mit erheblichen Mängeln in der Begründung der Hochschulfusion sowie bei der Anhörung. Der Landtag als Gesetzgeber habe nicht ausreichend Alternativen geprüft, zudem seien die Universität und ihre Selbstverwaltungsorgane nicht ausreichend vom Landtag angehört worden. „Dass es eine Fusion geben soll, daran bestanden von Anfang an keine Zweifel“, sagte Herrmann. Tatsächlich hatte eine Expertenkommission vor einem Jahr Mängel bei den beiden Lausitzer Hochschulen ausgemacht und für die Zukunft eine engere Zusammenarbeit angemahnt, um die Standorte zu sichern. Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos) drängt seither wegen knapper Kassen und sinkender Einwohenrzahlen auf eine Fusion, stößt damit aber vor allem bei der BTU und in Cottbus auf massiven Widerstand. Eine Volksinitiative gegen die Fusion hatte der Landtag abgelehnt, im Frühjahr startet dazu ein Volksbegehren.
„Die Auflösung einer Hochschule kann nur der letzte Ausweg sein, wenn die Hochschule und ihre Selbstverwaltungsorgane mit den Problemen nicht zurechtkommen“, sagte Herrmann. „Davon kann aber keine Rede sein.“ Zimmerli erklärte, er warte noch immer auf eine Begründung für die Notwendigkeit einer Fusion, zumal die BTU zu einer engeren Zusammenarbeit bereit sei und dazu eigene Pläne vorgelegt habe. Tatsächlich laufe die Fusion auf eine Unterfinanzierung der Professenstellen hinaus. Die Debatte habe bereits dazu geführt, dass Hochschullehrer die BTU verlassen und es Einbrüche bei den Erstsemester-Anmeldungen gibt.
Herrmann beklagte überdies, dass Brandenburg offenbar ein in Nordrhein-Westfalen in den 1980er Jahren gescheitertes Modell der Gesamthochschule reaktivieren wolle. „Obwohl vergleichbare Fusion gescheitert sind, mutet man den angeblich angeschlagenen Hochschulen in der Lausitz dieses Abenteuer zu“, sagte Herrmann. Ein Sprecher von Wissenschaftsministerin Kunst verteidigte das Vorgehen der Landesregierung. Man habe das Projekt in den vergangenen Monaten umfassend kommuniziert, es habe zahlreiche Veranstaltungen, Gespräche und allein 40 Pressemitteilungen des Ministeriums dazu gegeben. Herrmann erklärte, es komme allein darauf an wie sich der Gesetzgeber, also der Landtag verhalten habe – genau dort habe es jene beklagten Mängel bei der Anhörung und der Begründung gegeben. Das lasse sich am Gesetz ablesen. Alexander Fröhlich
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