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Brandenburg: Verkehrsteilnehmer sollen künftig mehr zahlen Infrastrukturminister beraten in Cottbus zu neuen Finanzierungsmodellen. Berlin lehnt City-Maut ab

Cottbus - Marode Brücken, zerbröselnde Straßen, zu enge Schleusen und Kanäle – ohne zusätzliches Geld droht der deutschen Infrastruktur der Kollaps, sind sich die Verkehrsminister der Länder einig. Bundesweit betrage die jährliche Deckungslücke etwa sieben Milliarden Euro, sagte Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Donnerstag in Cottbus.

Von Matthias Matern

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Cottbus - Marode Brücken, zerbröselnde Straßen, zu enge Schleusen und Kanäle – ohne zusätzliches Geld droht der deutschen Infrastruktur der Kollaps, sind sich die Verkehrsminister der Länder einig. Bundesweit betrage die jährliche Deckungslücke etwa sieben Milliarden Euro, sagte Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Donnerstag in Cottbus. Auf Einladung Brandenburgs, das derzeit den Vorsitz der Verkehrsministerkonferenz inne hat, wollen die Länder dort zwei Tage lang auch über alternative Finanzierungsmodelle beraten. Grundlage ist ein Zwischenbericht einer Kommission um den früheren CDU-Verkehrsminister Sachsen-Anhalts, Karl-Heinz Daehre, die im Länder-Auftrag neue Ansätze erarbeitet.

Angaben des ADAC Berlin-Brandenburg zufolge beläuft sich allein der Investitionsstau von Brandenburgs Landesstraßen auf rund 500 Millionen Euro und in Berlin sogar auf 600 Millionen Euro. Vor allem viele Brücken sind in schlechtem Zustand. Aber auch die Kommunen kommen mit den Reparaturen kaum noch hinterher. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg spricht von einem „erheblichen Investitionsstau“. „Damit wir nicht eines Tages Brücken sperren müssen, brauchen wir neue Instrumente für die künftige Finanzierung“, warnte Vogelsänger.

Nach Ansicht der Daehre-Kommission sollen die Straßennutzer stärker als bisher zur Kasse gebeten werden. Denkbar wären demnach die Einführung einer City-Maut für große Städte, eine Lkw-Maut auf allen Straßen und die Einführung einer allgemeinen „Infrastrukturabgabe“. Am heutigen Freitag soll Daehre die Zwischenergebnisse der Kommission in Cottbus vorstellen. Am gestrigen Donnerstag wurde zunächst vor allem über Elektromobilität und den aktuellen Stand zum Bundesverkehrswegeplan 2015 gesprochen. Vertreter brandenburgischer Wirtschaftsverbände und der Wasserstraßenverwaltung des Bundes übergaben zudem eine Resolution, in der sie sich gegen die geplante Neueinteilung der deutschen Wasserstraßen wenden. Demnach sind angesichts knapper Bundesmittel weitere Investitionen nur noch für Wasserstraßen der Kategorie A vorgesehen. In Brandenburg fällt keine Wasserstraße darunter. Mit der Neukategorisierung würden ganzen Regionen Chancen der wirtschaftlichen Entwicklung genommen. Die Erschließung der mittel- und osteuropäischen Wirtschaftsräume werde erschwert, befürchten die Unterzeichner der Resolution. Vogelsänger teilt diese Sorge ebenfalls.

Aber auch am schlechten Zustand der Straßen in Berlin und Brandenburg übt die regionale Wirtschaft wie berichtet immer wieder Kritik. Beiden chronisch klammen Ländern wird dabei vorgeworfen, zu wenig in deren Erhalt zu investieren. Die City-Maut als zusätzliche Geldquelle jedoch hat kaum eine Zukunft. „Eine City-Maut steht nicht auf der Tagesordnung der Bundesregierung“, hieß es am Donnerstag aus dem Bundesverkehrsministerium. Auch im Berliner Senat winkte man ab: „Für uns gibt es keinen Anlass für eine City-Maut“, sagte Verkehrs-Staatssekretär Christian Gaebler (SPD). „Dafür gibt es wenig Sympathie aus Brandenburg“, hieß es am Freitag ebenfalls aus dem brandenburgischen Verkehrsministerium. Ohnehin sei eine City-Maut für Potsdam oder Cottbus wohl kaum eine „geldschöpfende Maßnahme“, hieß es weiter. Allerdings dürfe nichts vorweg ausgeschlossen werden. „Die Frage ist doch, können wir weiterhin alles aus Steuermitteln finanzieren oder brauchen wir auch nutzerfinanzierte Lösungen“, so Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade.

Sowohl der ADAC als auch der Städte- und Gemeindebund lehnen aber eine stärkere Beteiligung privater Verkehrsteilnehmer ab. „Die Menschen in der Region sind sehr auf ihre Mobilität angewiesen, müssen zum Beispiel oft weit zur Arbeit fahren. Durch eine City-Maut etwa würden sie noch mehr belastet“, meinte die stellvertretende Geschäftsführerin des kommunalen Spitzenverbandes in Brandenburg, Monika Gordes. Der ADAC bezeichnete die Vorschläge sogar als Armutszeugnis. Wieder einmal falle der Politik wenig mehr ein, als den Autofahrern in die Tasche zu greifen, so ADAC Vizepräsident für Verkehr Ulrich Klaus Becker.

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