
© Thilo Rueckeis
Brandenburg: Verkeimt
In 15 von 25 Wurst-Proben wurden gefährliche Bakterien nachgewiesen. Grüne: Schuld sind Megaställe
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Potsdam - Wurstwaren in Brandenburg sind erheblich mit antibiotikaresistenten Keimen belastet. Das geht zumindest aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Grünen im Land hervor. Von 25 Proben, die landesweit in Discountern, Supermärkten und Fleischereien genommen wurden, konnten demnach in 15 Proben sogenannte ESBL-Keime nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um Bakterien, die die Fähigkeit haben, bestimmte Enzyme zu entwickeln, die Antibiotika unwirksam machen. Vor allem für immungeschwächte Menschen können solche Keime lebensbedrohlich werden. Das Ergebnis der Stichprobe bezeichnete die Spitzenkandidatin der Grünen und Gesundheitsexpertin ihrer Landtagsfraktion, Ursula Nonnemacher, als „sehr besorgniserregend“.
Untersucht wurden Mettwurstprodukte aus 18 brandenburgischen Städten, darunter auch Potsdam. Dort stammten die Proben um einen von einem Mettbrötchen aus Schweinefleisch, das in einer Fleischerei angeboten wurde und einer Zwiebelmettwurst aus einem Supermarkt. Während sich letztere als keimfrei erwies, war der Laborbefund für das Mettbrötchen positiv. Bei einer ähnlichen Untersuchung der Grünen-Bundestagsfraktion im Mai waren in Potsdam sogar in zwei Fällen in Aufschnitt ESBL–Keime entdeckt worden. ESBL steht für Extended Spectrum ß-Lactamasen. Außer in Potsdam wurden für die aktuelle Untersuchung beispielsweise auch Proben in Templin (Uckermark), Wittenberge (Prignitz), Frankfurt (Oder), Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) und Elsterwerda (Elbe-Elster) genommen. Die Namen der Verkaufsstellen veröffentlichten die Grünen aber nicht.
Veranwtortlich für das massive Auftreten von antibiotikaresistenten Keimen machen die Grünen vor allem den Eisnatz von Antibiotika in der Massentierhaltung. Eingesetzt werden die Medikamente, um in den Ställen die Ausbreitung von Krankheiten zu vermeiden. „Ohne den Antibiotikaeinsatz ist eine Tierhaltung in einer solch qualvollen Enge gar nicht möglich“, erläuterte Nonnemacher. Das Identifizieren einzelner kranker Hühner sei in der industriellen Tierhaltung nicht zu machen.
Vor diesem Hintergrund kritisierten die Grünen eine massive Förderung der Massentierhaltung durch die rot-rote Landesregierung und sprachen zudem von Vollzugsdefiziten in der Lebensmittelüberwachung im Land. Demnach würden bei den jährlichen Kontrollen durch die Lebensmittelüberwachungsämter „80 bis 90 Prozent der Risikobetriebe“ gar nicht untersucht. Außerdem habe Landesverbraucherschutzministerin Anita Tack (Linke) bereits einräumen müssen, „keinerlei Ahnung vom Antibiotika-Einsatz in Brandenburg“ zu haben, kritisierte Nonnemancher. Zwar müssten aufgrund einer Novelle im Arzneimittelgesetz Tierhalter künftig genau dokumentieren, wann und in welchen Mengen sie ihren Tieren Antibiotika verabreichen, aber angesichts der aktuellen Überwachungspraxis sei es fraglich, ob sich diese Neuerung „als scharfes Schwert“ erweise.
Wie berichtet, suchen Betreiber von Anlagen zur Massentierhaltung seit geraumer Zeit zunehmend nach neuen Standorten in den neuen Bundesländern, da in den traditionellen Hochburgen wie in Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen immer häufiger neue Massenställe durch aufgebrachte Bürger verhindert werden. Umstritten ist die Massentierhaltung vor allem wegen ihrer negativen Folgen für die Umwelt und wegen ihrer potenziellen Gefahren für die menschliche Gesundheit. Auch in Brandenburg haben sich bereits zahlreiche Bürgerinitiativen gegründet, die gegen geplante Megaställe vorgehen. Am Sonntag findet zudem in Potsdam eine Protestaktion unter dem Motto „Wir haben satt“ statt. Die Demonstration startet um 13 Uhr am Hauptbahnhof.
Sowohl die Landesregierung als auch der Landesbauernverband Brandenburg halteb den Gegnern der Massentierhaltung immer wieder vor, dass die Nutztierhaltung in Brandenburg im Vergleich zu anderen Bundesländern unterentwickelt ist. Unterentwickelt ist aber offensichtlich vor allem die Zahl der Betriebe, nicht die der Tiere. Denn den Grünen zufolge verteilen sich 4,9 Millionen der insgesamt 5,7 Millionen Legehennen in Brandenburg lediglich auf drei Standorte, die jeweils massiv unter Rot-Rot gefördert wurden. So seien allein in Bestensee, einem der drei Standorte, insgesamt 6,6 Millionen Euro geflossen – die höchste Fördersumme überhaupt aus dem zur Verfügung stehenden Budget. Die dort ansässige GmbH hält den Grünen zufolge in zwei Anlagen zusammen 1,8 Millionen Hühner. Matthias Matern
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