Brandenburg: Vermessenes Land
Neue Lasertechnik liefert exakte Brandenburg-Karte / Die Daten könnten Flutkatastrophen verhindern
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Potsdam - Brandenburg wird mit einem Laserscanner von Flugzeugen aus neu vermessen. Diese Planungen für ein „Digitales Geländemodell“ des gesamten Landes bestätigte Heinrich Tilly, Präsident des Landesbetriebes für Vermessung und Geobasisinformation, gestern gegenüber den PNN. „Dieses Geländemodell kann im Hochwasserschutz unschätzbare Dienste leisten, aber auch eine Hilfe für viele andere Nutzer sein, etwa im Straßenbau.“ Ziel sei es, die landesweite 3D-Oberflächenkarte in den nächsten zehn Jahren zu realisieren.
Um die Gesamtfinanzierung von sechs Millionen Euro wird innerhalb der Regierung allerdings noch gerungen. Das Innenministerium will andere Ressorts, die von den Daten direkt profitieren, an den Kosten beteiligen. Eine Kabinettsvorlage wird gerade vorbereitet. Die Vorteile des digitalen Gelände-Modells kann man laut Tilly aber schon heute am Elbe-Havel-Delta nachweisen. In einer Pilotphase sind dort bereits 3000 Quadratkilometer – zwölf Prozent der Landesfläche – per Laser gescannt worden.
Auslöser war das Elbe-Hochwasser 2002. Damals stellte sich heraus, dass mit herkömmlichen Reliefkarten und Luftbildern keine präzisen Vorhersagen möglich sind, welche Flächen und damit welche Orte überflutet würden, wie weit das Wasser ins Land fließt, wenn ein Deich bricht. Dies erschwerte unter anderem Pläne für eine zweite Verteidigungslinie, für Evakuierungen. „Die Genauigkeit herkömmlicher Karten reichte mit Schwankungen von zwei Metern für präzise Prognosen einfach nicht aus“, erläutert Professor Christian Killiches Tilly, Spezialist am Landesbetrieb.
„Brandenburg ist zwar ein flaches Land: Aber es gibt eben Neigungen, die mit dem Auge gar nicht erkennbar sind. Ein Meter Höhenunterschied sind da schnell zwölf Kilometer überflutete Fläche.“ Dagegen bekommt man mit dem neuen 3D-Modell, für das die Bodenoberfläche aus dem Flugzeug mit einem Laser gescannt und alles mit GPS-Satellitendaten abgeschlichen wird, eine Genauigkeit von 25 Zentimetern – was Katastrophenstäben in der Prignitz bei künftigen Hochwassern die Arbeit erleichtert. Für die Oder, an der 1997 und 2001 in kurzer Folge „Jahrhunderthochwasser“ auftraten, gibt es wegen der fehlenden Finanzierung das System bisher nicht.
Die Anwendungen sind laut Tilly ohnehin nicht auf Hochwasserschutz beschränkt. Mit dem digitalen Relief lassen sich Bodenerosionen feststellen, wichtig für die Landwirtschaft, neue Straßen genauer planen, kann der Weg von Schallwellen simuliert werden – für Lärmschutzplanungen oder Mobilfunkanbieter, die ihre Funkmasten genauer aufstellen können.
Am digitalen Geländemodell kann man sogar ungeahnte Einsichten über Brandenburg gewinnen, nämlich wie feingliedrig, wie uneben seine Oberfläche eigentlich ist, erzählt Heiko Wedel, einer der beteiligten Geoinformatiker. „Man denkt immer, Brandenburg ist ein flaches Land – ein Trugschluss.“
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