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Brandenburg: Versuchter Selbstmord: Motiv unklar Berlins WM-Koordinator zwischen Leben und Tod

Berlin - Der WM-Koordinator des Berliner Senats Jürgen Kießling schwebt zwischen Leben und Tod. Der 65-Jährige liegt auf der Intensivstation der Charité mit lebensgefährlichen Kopfverletzungen, die er sich bei einem Selbstmordversuch zugefügt hatte.

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Berlin - Der WM-Koordinator des Berliner Senats Jürgen Kießling schwebt zwischen Leben und Tod. Der 65-Jährige liegt auf der Intensivstation der Charité mit lebensgefährlichen Kopfverletzungen, die er sich bei einem Selbstmordversuch zugefügt hatte. Offiziell kann nur ein Arzt einen Hirntod bestätigen. Dies ist bis Redaktionsschluss nicht geschehen. Wie berichtet hatte Kießling versucht, sich in der Nacht zu Montag mit einer Pistole im Garten seines Hauses in Reinickendorf zu töten. Nachbarn hörten um 0.15 Uhr den Schuss und eilten zu dem Haus. Kießlings 15-jährige Tochter soll zwei Abschiedsbriefe gefunden haben. Nach Informationen dieser Zeitung geht aus den Briefen hervor, dass das Motiv für die Tat „im beruflichen Bereich“ liegt.

Die Abschiedsbriefe sind noch Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen und wurden den Angehörigen noch nicht ausgehändigt. Im engsten Umfeld gab es nur Vermutungen für den Selbstmordversuch: Nach jahrelanger Vorbereitung für die WM könnte er am Burnout-Syndrom gelitten haben. Kießling habe in seinem Leben „nie etwas anderes gemacht als Sportpolitik“. Am 13. Juni hat Jürgen Kießling seinen 65. Geburtstag gefeiert und das Pensionsalter erreicht. Nach Absprache mit Sportsenator Klaus Böger (SPD) sollte er aber noch ein weiteres Jahr als Abteilungsleiter in der Schul- und Sportverwaltung tätig sein und die Leichtathletik-WM 2009 in Berlin mit vorbereiten.

Gab es Anzeichen für Zukunftsängste? Enge Vertraute schließen das nicht aus. „Wenn jemand so wie er für seine Arbeit gelebt hat, kann er Angst davor gehabt haben, dass nach dem Berufsleben gar nichts mehr kommt“, hieß es. Spekulationen über Korruption oder Vorteilsannahmen wiesen Familienmitglieder scharf zurück. Er habe sich stets loyal seinem Arbeitgeber gegenüber verhalten. Im Polizeipräsidium hieß es dazu gestern: „Zur Motivlage gibt die Polizei in solchen Fällen keine Auskunft. Sie respektiert die Privatsphäre.“ Sie entkräftete Spekulationen, wonach das Motiv im „politischen Bereich“ liegen soll. „Die Ermittlungen ergeben dazu keine Anhaltspunkte“, sagte ein Beamter. Eine Sprecherin der Sportverwaltung ergänzte, dass gegen Kießling nicht ermittelt werde oder schwer wiegende Vorwürfe im Raum stünden.

Mit „großer Bestürzung“ hat Sportsenator Klaus Böger die Nachricht aufgenommen. In einer Mitteilung hieß es: „Jürgen Kießling genießt meine höchste Anerkennung.“ Ob Fußball-WM, Leichtathletik-WM, ISTAF oder Breitensport: „Ich habe mit Jürgen Kießling gemeinsam viele Jahre sehr gerne, sehr intensiv und sehr erfolgreich für den Berliner Sport gearbeitet.“ Seit sechs Jahren hat Kießling die WM in Berlin koordiniert und war Sprecher aller zwölf WM-Städte. Die Fanmeilen hat er auf den Weg gebracht und sich in monatelangen Verhandlungen um Lizenzrechte und Marketingregeln gekümmert. Karten für WM-Spiele hatte er offenbar nicht erhalten – was der Grund dafür war, ist unklar.

Einladungen zu WM-Empfängen hat er oft ausgeschlagen. „Ich muss zum Elternabend“, hat er dann gesagt. Kießling wohnt mit seiner Tochter im Berliner Norden. „Nachdem seine Frau verstorben ist, hat er sich unfassbar in Arbeit gestürzt, sich um alles gekümmert, vor allem um seine Tochter. Das war beeindruckend“, sagen Vertraute. Langjährige Wegbegleiter reagierten gestern „zutiefst erschüttert“. tabu / sib / AG

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