Brandenburg: Vertagen statt vertragen
13 Stunden lang stritten die Aufseher über den BER – doch die Flickschusterei geht weiter. Die Opposition fordert endlich Klarheit
- Sabine Beikler
- Alexander Fröhlich
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Hoch ging es bei der BER-Aufsichtsratssitzung her: Mehr als 13 Stunden tagte das Gremium am Freitag. Doch wichtige Streitpunkte wurden nicht ausgeräumt, Klarheit über Kosten und Termine gab es nicht. Ein Aufsichtsratsmitglied sagte dieser Zeitung, bei dem Bau werde Flickschusterei betrieben. „Wir stehen da, wo wir vor zwei Jahren standen.“
Das größte Ärgernis waren die Kosten, über die in dem Gremium diskutiert wurde. „Wir haben umfänglich über das Kostenthema gesprochen“, sagte Vize-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider. „Wir haben das Ergebnis erzielt, dass wir weiterdiskutieren.“ Doch der Unmut ist bei den Aufsichtsratsmitgliedern groß. Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn forderte eine weitere Finanzspritze von 1,1 Milliarden Euro. Das sei noch „nicht entscheidungsreif“, hieß es.
Deutliche Worte fand auch Brandenburgs Finanzminister Christian Görke. Mehdorns Forderung von 1,1 Milliarden Euro sei „zunächst einmal eine Kostenprognose“, sagte der neu im Aufsichtsrat sitzende Görke dieser Zeitung. Die 1,1 Milliarden Euro seien „noch nicht so valide untersetzt, wie wir uns das vorstellen“. Deshalb werde der Aufsichtsrat darüber weiter mit der Geschäftsführung und im Finanz- und im Projektausschuss diskutieren. „Alle Karten müssen auf den Tisch“, sagte Görke. Nicht allein die Steuerzahler und der Staat dürften für die Kosten aufkommen. „Die Flughafengesellschaft hat ihren Beitrag zu erbringen, indem sie sich auf dem Kapitalmarkt entsprechende Mittel beschafft.“
Der Finanzausschuss hat bereits zweimal über die von Mehdorn geforderte Finanzspritze beraten. Auch im Bundestag hatte er sein Programm vorgestellt. Mit dem Geld sollen unter anderem Kosten für Baumaßnahmen und Lärmschutz gedeckt werden. Allerdings sind darin noch nicht Planungsarbeiten für einen Weiterbetrieb des bisherigen Flughafens Schönefeld enthalten – eine Idee von Mehdorn.
Die Opposition im Brandenburger Landtag reagierte entsetzt auf die mögliche neuerliche Kostensteigerung. „Die bittere Wahrheit zum zusätzlichen Finanzbedarf muss vor dem Wahltag auf den Tisch“, sagte CDU-Fraktionschef Michael Schierack am Wochenende. Ähnlich äußerte sich die FDP. Die Grünen kündigten für den BER-Sonderausschuss am heutigen Montag einen Antrag an. Damit wollen sie verhindern, dass die rot-rote Landesregierung weitere Mittel für den BER freigibt, so lange es kein tragfähiges Finanzkonzept und kein achtstündiges Nachtflugverbot gibt.
Der Streit um das Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr, das Brandenburg auf Druck eines Volksbegehrens beantragt hatte, war am Freitag vertagt worden: Über den Antrag wurde nicht einmal abgestimmt, weil der Aufsichtsrat dafür nicht zuständig ist. Gegen die Stimmen Brandenburgs beschloss der 15-köpfige Aufsichtsrat, dass das Thema auf der nächsten Gesellschafterversammlung behandelt wird. Brandenburg wollte im Aufsichtsrat eigentlich von Mehdorn genaue Zahlen hören, wie viele Starts und Landungen es in den Randzeiten überhaupt gibt, und was die dem Flughafen wirtschaftlich bringen. Es kam anders. Ein Pingpongspiel, oder wie es Görke ausdrückte: ein Verschiebebahnhof. Brandenburgs Flughafen-Staatssekretär Rainer Bretschneider sagte: „Ich finde das enttäuschend. Das Thema ist so wichtig, dass es einer ausführlichen Diskussion im Aufsichtsrat bedurft hätte.“ Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kündigte am Sonnabend an, weiter auf mehr Nachtruhe zu dringen. „Für uns wird eine Abstimmung in der Gesellschafterversammlung nicht das Ende sein“, sagte er im RBB-Inforadio. „Wir werden weiter alle Möglichkeiten prüfen, hier für mehr Nachtruhe für die Anwohner zu sorgen.“
Völlig offen ist inzwischen ein möglicher Eröffnungstermin. Denn Vertreter des Siemens-Konzerns informierten den Aufsichtsrat in der Sitzung, wie es um die Brandschutzanlage steht. Das Unternehmen hat den Umbau der Steuerung für die Frischluftzufuhr bei einem Brand übernommen. Doch Siemens hat nach eigenen Aussagen dafür noch nicht einmal alle beziehungsweise nur mangelhafte Unterlagen. All das hat Auswirkungen auf einen Eröffnungstermin: 18 Monate sollen die Arbeiten an der Entrauchungsanlage dauern. Doch diese konnte Siemens entgegen Aussagen der Flughafengesellschaft noch nicht beginnen. Hinzu kommen ein halbes Jahr Testbetrieb vor der Inbetriebnahme. Im Klartext heißt das: Selbst eine BER-Eröffnung im Jahr 2016 ist inzwischen fraglich.(mit wik)
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