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Der Grund für die schlechte Qualität der Ermittlungsverfahren bei der Polizei sei in erster Linie eine zu niedrige Zahl von Ermittlern.

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Mehr Personal für Polizei in Brandenburg: Verwaltung von Kriminalität

Die Kriminalität in Brandenburg wird eher verwaltet als bekämpft, kritisiert die Gewerkschaft der Polizei. Grund dafür sei der Personalabbau. Allein bei der Kriminalpolizei seien über 580 neue Stellen nötig.

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Potsdam - Weil die Qualität von Ermittlungsverfahren in Brandenburg seit Jahren sinkt, fordern Gewerkschaften und Berufsverbände von Polizei und Justiz mehr Personal für die Kriminalpolizei. Nun erhöht die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ausgerechnet im laufenden Evaluationsverfahren zur Polizeireform, das sich nach der Detailarbeit in den letzten Züge befindet, den Druck auf das Innenministerium. Erstmals nannte GdP-Landeschef Andreas Schuster eine konkrete Zahl für den künftigen Personalbedarf bei der Kriminalpolizei, den nach PNN-Recherchen Experten bei der Evaluation anhand der anfallenden Arbeit bei der Polizei errechnet haben. Derzeit befindet sich ein Entwurf des Abschlussberichts in Abstimmung zwischen Ministerium und Polizeipräsidium.

Die Kriminalität wird eher verwaltet

Konkret sagte Schuster, der Grund für die schlechtere Qualität von Ermittlungsverfahren bei der Polizei sei in erster Linie eine zu niedrige Zahl von Ermittlern: „Mit immer weniger Personal wird Kriminalität mehr oder weniger verwaltet anstatt bekämpft“, so Schuster. Allein bei der Kriminalpolizei seien mindestens 583 neue Stellen notwendig, um effektive Ermittlungsarbeit leisten zu können. Tatsächlich herrscht – was in der Polizei kein Geheimnis ist – vor allem in den Kriminalinspektionen, bei der Kriminaltechnik und bei den Fahndern akuter Personalmangel. In der Vergangenheit hatten Staatsanwälte und Kriminalbeamte ausdrücklich die schlechte Tatortarbeit und Personalmangel bei der Kriminaltechnik bemängelt.

Bei der Polizei rechnet niemand damit, dass das Ministerium, insbesondere Innenstaatssekretär Arne Feuring als vormaliger Polizeipräsident und Konstrukteur der Polizeireform sowie die Führungsspitze des Präsidiums den von Experten für die Strafverfolgung errechneten Bedarf übernehmen, sondern nach politischen Vorgaben herunterrechnen. Der Innenexperte der CDU-Landtagsfraktion, Björn Lakenmacher, hatte bereits gefordert, Feuring müsse von der Evaluation ferngehalten werden. Zuvor hatte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) eingeräumt, dass die Kriminalstatistik unter Feuring als Polizeipräsident frisiert worden war. Wie berichtet sucht Schröter deshalb und wegen massiver Vorwürfe gegen Feuring im Maskenmann-Prozess um die Entführung eines Berliner Unternehmers nach einen Nachfolger als Innenstaatssekretär.

Experten warnen vor Einschnitten

Im Zuge der Polizeireform soll die Zahl der Kripo-Stellen von 2000 auf 1600 sinken. Und schon jetzt macht sich der Personalabbau bei der Kriminalpolizei bemerkbar, Experten warnen vor weiteren Einschnitten bei der Kripo, zumal von Polizeifachhochschule in Oranienburg kaum Ersatz und Nachwuchs kommt – und Beamte dort nicht mehr eigens zu Kriminalisten, sondern in einer Einheitsausbildung zu Generalisten ausgebildet werden.

Wie berichtet hatten der Richterbund und der Bund Deutscher Kriminalbeamter in der vergangenen Woche eine Abkehr von der Einheitsausbildung gefordert. Sie führe zu einer immer schlechteren Qualität der Ermittlungsverfahren und zu unzumutbaren und defizitären Ermittlungen. Verfahren würden deshalb immer häufiger eingestellt, hieß es.

Tatsächlich ist die sogenannte staatsanwaltschaftliche Ermittlungsquote, die aussagt, in wie vielen Fällen gegen Tatverdächtige ermittelt werden konnte, seit Jahren gesunken. 2007 hat die Polizei noch in 61 Prozent aller eingegangenen Fälle einen Beschuldigten benannt, das waren 194.000 Fälle. 2014 wurde nur noch in 53 Prozent aller Strafverfahren gegen namentlich bekannte Täter ermittelt, konkret waren es 138.000 Verfahren mit Täter. Bei den Verfahren mit Tatverdächtigen haben die Staatsanwaltschaften 2007 bei 24 Prozent eine Anklage erhoben, aktuell ist das nur noch bei 20 Prozent möglich. Bezogen auf die Gesamtzahl aller Verfahren kommt es in nur zehn Prozent der Fälle zur Anklage.

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