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Kriminalität in Potsdam: Die Folgen der Trickserei

Die frisierte Polizeistatistik für 2013 lässt sich für Potsdam und Umgebung nicht mehr richtigstellen, die Fälle können nicht noch einmal neu aufgerollt werden.

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Potsdam - Wie viele Fahrräder 2013 in der Landeshauptstadt Potsdam tatsächlich gestohlen wurden, in wie viele Autos, Keller, Waschküchen, Gartenanlagen und Garagen Diebe eingebrochen sind – das alles bleibt ein Geheimnis. Daran ändert auch nicht, dass Brandenburgs Innenministerium nun indirekt einräumt, dass seit August 2013 und das ganze Jahr 2014 über die Kriminalitätsstatistik frisiert wurde. Alle offiziellen Angaben zur Kriminalität in Potsdam insgesamt im Jahr 2013 und zu Diebstählen im Besonderen können nicht noch einmal zurückgenommen, die Fälle nicht noch einmal neu aufgerollt werden – aus technischen Gründen, wie es im Innenministerium heißt.

Polizeidirektion nach Ostern

Zumindest aber für das vergangene Jahr hat das Innenministerium schon für das ganze Land eine bereinigte Statistik vorgelegt – und demnach gab es in Brandenburg 2014 zwei Prozent mehr Straftaten. Das ist keine Kleinigkeit, hinten den Zahlen verbergen sich 4000 Einzelfälle von Betroffenen. Wäre die Statistik-Affäre nicht aufgeflogen, würden sie in dem Zahlenwerk zur Kriminalitätsbelastung nicht auftauchen. Die Polizeidirektion West mit Sitz in Brandenburg/Havel, die für Potsdam zuständig ist, will ihre Statistik nach den Osterferien vorstellen. Von dieser Polizeidirektion waren die Trickserien bei der statistischen Erfassung von Straftaten betrieben worden, die Vorgänge in der Führung dort und auch deren Statistiken stehen nun unter besonderer Beobachtung.

Analysiert man die Zahlen genauer, wird es komplex: Während landesweit nach korrekter Erfassung von Straftaten die Kriminalitätsrate 2014 um zwei Prozent höher lag als nach der von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) jetzt kassierten Methode, fiel die Differenz in der Polizeidirektion West noch höher aus. Hier beträgt der Unterschied 3,26 Prozent. Konkret musste die Zahl aller nach der beschönigenden Methode im vergangenen Jahr in der Direktion West erfassten Straftaten um 1813 nach oben korrigiert werden. Insgesamt hat die Polizei demnach in der Direktion West im vergangen Jahr 57 245 Straftaten registriert. Das ist im Vergleich zur komplett frisierten Statistik 2013 und selbst nach korrekter Zählweise ein Rückgang von 4,25 Prozent. Nach der kassierten Statistikmethode hätte der Rückgang sogar 7,27 Prozent betragen. Korrekturen dürfte es auch bei der Aufklärungsquote geben. Schon bei der Landesstatistik musste diese nach unten korrigiert werden.

Allerdings ist wohl nicht davon auszugehen, dass insbesondere bei Diebstählen ein derart deutlicher Rückgang zu verzeichnen war. Der Trend der Kriminalstatistik für das ganze Land, der maßgeblich durch Korrekturen an den Zahlen aus der Direktion West bestimmt ist, macht deutlich, in welchen Bereich getrickst wurde: Beim Diebstahl aus Kellern fällt die Kriminalität nach der nun wieder eingeführten bundesweit einheitlichen Erfassung nach Richtlinien des Bundeskriminalamtes (BKA) um 16 Prozent höher aus, bei Diebstahl aus Gärten um 14 Prozent, aus Bungalows und Lauben um 15 Prozent, bei Diebstahl aus Garagen um mehr als 10 Prozent.

Die Zahl der registrierten Fälle stieg an

Genau in diesem Bereich hatte auch die Polizeidirektion West in den vergangenen Jahren mit steigenden Zahlen zu kämpfen. Insgesamt 25 355 Diebstahlsdelikte wurden 2013 direktionsweit gezählt, in Potsdam waren es 7168. Ob bei Fahrraddiebstählen oder Diebstählen aus Autos – überall stieg im Jahr 2013 die Zahl der registrierten Fälle an.

Ein Beispiel: Die Polizei hatte schon im vergangenen April melden müssen, dass die Zahl der Fahrraddiebstähle im Jahr 2013 um knapp 50 Prozent gestiegen war – von rund 1250 im Jahr zuvor auf mehr als 1850 Fälle. Damit gehörte Potsdam bereits zu den unsichersten Städten für Fahrrad-Eigentümer – das fand zumindest eine Studie des Versicherungs-Vergleichsportals Geld.de heraus. Demnach befand sich Potsdam als Hochburg für Fahrraddiebe auf Platz sieben von achtzig untersuchten Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern in Deutschland.

Nun soll alles besser werden

Mit den neuen Zahlen würde die Zahl der Raddiebstähle noch gravierender ausfallen, hätte die Polizeidirektion West nicht im August 2013 ihre Handlungsanweisung an die Beamten herausgegeben. Demnach wurden vor allem bei Diebstählen, Unterschlagungen, Sachbeschädigungen und Tankbetrug Fälle, die etwa in einer Nacht in einem Straßenzug begangen wurden, als eine Straftat erfasst und eine juristische Bewertung vorweggenommen.

Nun soll wieder alles besser werden in der Polizeidirektion West, die neue Statistik für 2014 wird nach den bundesweit geltenden Richtlinien des BKA erstellt – auch um wieder „das Bedrohungsgefühl und die Gefährdungslage der Betroffenen besser widerzuspiegeln“, wie es aus dem Innenministerium heißt.

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