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Debatte um Nachtflugverbot: Volksbegehren: Linke Basis entsetzt

Es gibt deutliche Kritik am Schlingerkurs von Fraktion und Partei in Brandenburg.

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Potsdam - Für die brandenburgische Linke wird die Ablehnung des erfolgreichen Volksbegehrens für ein Nachtflugverbot am Flughafen BER in Schönefeld durch die rot-rote Regierungskoalition zur Zerreißprobe. An der Linke-Basis hat der Schlingerkurs von Landespartei und Landtagsfraktion schweres Entsetzen und Unmut ausgelöst – bis hin zur Rücktritten von Funktionären auf Kreisparteiebene. Das erfuhren die PNN von Linke-Kreischefs und von der Geschäftsführerin der Landespartei, Andrea Johlige.

Damit geraten die Spitzen von Landtagsfraktion und Landespartei weiter unter Druck. Zuvor hatten bereits die brandenburgischen Bundestagsabgeordneten Dagmar Enkelmann (Barnim) und Wolfgang Neskovic und der Bundestagsfraktionschefs der Linken, Gregor Gysi, eine klare Haltung der Linksfraktion im Landtag gefordert und vor einem Glaubwürdigkeitsverlust gewarnt. Wie berichtet hatte sich Rot-Rot darauf verständigt, das Volksbegehren abzulehnen, sich aber auf Bundesebene für ein deutschlandweites strengeres Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr einsetzen.

„Die Linke hätte sich nicht so schnell festlegen sollen“, sagte der Landtagsabgeordnete und Parteikreischef von Oder-Spree, Peer Jürgens, am Freitag den PNN. Nach Gesprächen mit Ortsvorsitzenden erklärte er, die Basis sei sehr unzufrieden mit der deutlichen und schnellen Ablehnung des Volksbegehrens, ohne auf die Initiatoren zuzugehen und einen Versuch, einen Kompromiss zu finden. Das wirke sich negative auf die Motivation der Genossen aus. Es reiche nicht aus, auf die formale Ebene zu verweisen. Gemeint ist die Forderung des Volksbegehrens, die Nachtflüge auf andere Flughäfen im Land zu verteilen, wofür der Landesentwicklungsplan geändert werden müsste. „Es gibt auch eine politische Ebene“, sagte Jürgens. „Die Leute haben über ein Nachtflugverbot abgestimmt.“ Es sei richtig, über die Bundespolitik einheitliche Nachtflugregeln zu fordern. „Aber wir müssen auch im Land politisch reagieren“, so Jürgens.

Am Freitagabend versuchte die Parteispitze der brandenburgischen Linken, die Krise bei einer Telefonkonferenz mit den Kreischefs zu entschärfen. Landesparteichef Stefan Ludwig soll jetzt noch einmal auf die Initiatoren des Volksbegehrens zugehen und nach einer Kompromissformel suchen, um die Forderung nach einem Nachtflugverbot doch zu unterstützen. Dabei geht es um den strittigen zweiten Teil des Volksbegehrens, den inzwischen auch die Initiatoren als Fehler ansehen: nämlich die Nachtflüge über andere Flughäfen im Land abzuwickeln. Sollten Initiativen auf diesen Punkt verzichten und den Antragstest ändern, wäre die Forderung nach einem Nachtflugverbot für die Linke zustimmungsfähig und müsste dann auch unterstützt werden, hieß es.

Der Potsdamer Linke-Kreischef Sascha Krämer sagte, der Erfolg des Volksbegehrens – der erste in der Landesgeschichte – sei auch ein Erfolg der Linken, die sich für mehr direkte Demokratie einsetze. „Das sollte man auch ernst nehmen“, sagte Krämer. Die 106 000 Unterschriften – 26 000 mehr als das nötige Quorum – seien auch möglich geworden, weil die Partei Erleichterungen beim Volksbegehren durchgesetzt habe. Alexander Fröhlich

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