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Große Erwartungen. Klaus Wowereit und sein designierter Finanzsenator Ulrich Nußbaum.

©  Arno Burgi/dpa

Brandenburg: Vom Fischhändler zum Finanzsenator

Wowereit und die Koalition loben Sarrazin-Nachfolger Ulrich Nußbaum als Finanz- und Wirtschaftsprofi. Opposition ist skeptisch

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Berlin - Ein Kreis von Eingeweihten um Klaus Wowereit wusste es seit knapp zwei Wochen, ließ aber bis zum Schluss nichts durchsickern. Gestern nun beendete der Regierende Bürgermeister das öffentliche Rätselraten und gab bekannt, wer neuer Berliner Finanzsenator wird, wenn Thilo Sarrazin Anfang Mai in den Vorstand der Bundesbank wechselt.

Der Rechtsanwalt und Unternehmer Ulrich Nußbaum ist „ein würdiger Nachfolger“ für Sarrazin, sagte Wowereit am Donnerstag bei einer spontan einberufenen Pressekonferenz mit Nußbaum im Roten Rathaus. Der designierte neue Senator, der bereits von 2003 bis 2007 in Bremen Finanzsenator war und ein erfahrener Unternehmer ist, bringe die idealen Erfahrungen mit, um die Konsolidierung des Berliner Haushaltes fortzusetzen, sagte Wowereit – eine Aufgabe, die Nußbaum zuvor auch in Bremen hatte. 

Allerdings sei es ihm dort nicht gelungen, den hoch verschuldeten Stadtstaat in mit Berlin vergleichbarem Maße zu sanieren, merkten nach Nußbaums Vorstellung Oppositionspolitiker wie der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann an. „Er hat in seiner Zeit als Senator viel Geld ausgegeben und wenig saniert“, sagt Ratzmann. Süffisant verweist er darauf, dass Sarrazin in seiner Amtszeit wiederholt Bremen als schlechtes Beispiel genannt habe. „Und jetzt holt Wowereit den Mann, der das zu verantworten hat.“

In der rot-roten Koalition, aber auch bei der CDU hat man von Sarrazins Nachfolger dagegen bislang ein sehr positives Bild. „Er hat gezeigt, dass er mit schwierigen Rahmenbedingungen umgehen kann“, sagte SPD-Chef Michael Müller. Der SPD-Haushaltspolitiker Stefan Zackenfels lobte Nußbaums Erfahrung als Verwaltungsfachmann, als Finanzsenator und als Unternehmer. Nachdem sich Nußbaum bei den Koalitionsfraktionen vorgestellt hatte, war auch bei der Linken, in deren Fraktion Nußbaum gestern wie auch bei der SPD einen Antrittsbesuch absolvierte, der erste Eindruck positiv. Und der CDU-Haushaltspolitiker Uwe Goetze sieht dem Neuen im Senat ebenfalls „hoffnungsfroh“ entgegen, wie er sagt: „Er kennt ein Haushaltsnotlageland, ist kein Freund der Linkspartei, ist wirtschaftlich und politisch unabhängig und soll in Bremen unbeirrt seinen Kurs der harten Einschnitte durchgezogen haben“, sagt Goetze. Nußbaum selbst hielt sich an seinem ersten Tag in Berlin noch sehr bedeckt, was seine Pläne für das neue Amt angeht. Auch zu aktuellen finanz- und wirtschaftspolitischen Angelegenheiten wollte sich der designierte Senator am Donnerstag nicht äußern. Solange Thilo Sarrazin noch Finanzsenator sei, werde er sich mit Äußerungen zurückhalten.

Nußbaum wurde in Trier geboren, studierte Jura und Politik in Saarbrücken, Genf, Straßburg und London. Danach ging er nach Bremerhaven, um dort bei einem Fischgroßhandels- und Reedereiunternehmen eine kaufmännische Karriere zu beginnen. Er arbeitete in verschiedenen Führungspositionen in den Bereichen Verwaltung, Finanzen und Handel. Seit 1998 ist er Geschäftsführender Gesellschafter der SLH Sea Life Harvesting Gruppe. Die Firma importiert weltweit Tiefkühlfisch und verkauft sie weiter an die Industrie zur Weiterverarbeitung zu Fischstäbchen und Schlemmerfilets sowie an Großküchen. Nußbaum kündigte an, als Senator nicht weiter unternehmerisch tätig zu sein, aber Gesellschafter seiner Firma zu bleiben.

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