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Brandenburg: Von Konstantinopel in die Uckermark
Auf einem Acker bei Angemünde haben Archäologen einen spektakulären Münzfund entdeckt – die Spuren reichen bis in das Oströmische Reich
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Potsdam - Die acht Goldmünzen sind nur etwa so groß wie 5-Cent-Stücke, wiegen jede etwa 4,4 Gramm und sind arg verbogen: Hinter schützendem Glas ist am Donnerstag in Potsdam einer der spektakulärsten Goldmünzenfunde aus dem 6. Jahrhundert im Land Brandenburg zu sehen. Erst vergangenen November waren die Kostbarkeiten nach detektivischer Suche auf einem Acker bei Biesenbrow in der Uckermark ans Tageslicht befördert worden. Der Erfolg sei wissenschaftlicher Neugier und Beharrlichkeit, aber auch der Zusammenarbeit von Forschung, Denkmalpflege, Museen und ehrenamtlich Tätigen zu verdanken, sagte Brandenburgs Kunstministerin Sabine Kunst (parteilos).
Schon im 19. Jahrhundert waren 200 Goldmünzen bei Feldarbeiten entdeckt worden. Nur vier landeten im Münzkabinett der Staatlichen Museen Berlin, der Rest wurde eingeschmolzen. Ein Lehrer hatte damals noch über die ursprünglich aus Konstantinopel, dem vormaligen Byzanz, und Rom stammenden Goldstücke - genannt Solidi - geschrieben, den genauen Fundort aber nicht genannt. Felix Biermann, Mittelalterarchäologe der Universität Göttingen, sagte, ein etwa 400 mal 800 Meter großes Areal konnte eingegrenzt werden, wo gezielt gesucht wurde. „In der Erde leuchtete es dann golden.“
Nach Biermanns Erkenntnissen spielten sich in der damals menschenleeren Landschaft einst dramatische Ereignisse ab. Die einst dort ansässigen Germanenstämme waren im frühen 6. Jahrhundert bereits nach Süden und Westen abgewandert, die Slawen noch nicht angekommen. „Vermutlich war eine Gruppe von Thüringern auf der Flucht“, meint er. Damals drängten die fränkischen Merowinger von Gallien aus in das heutige Mitteldeutschland. Nach einer empfindlichen Niederlage gegen die Invasoren aus dem Westen floh der thüringische König Herminafried gegen 534 in den Osten seines Herrschaftsgebiets, ließ sich aber unter dem Vorwand von Verhandlungen von König Theudebert ins Frankenreich locken. Dort wurde der Gast heimtückisch von einer Burgmauer in den Tod gestürzt. Thüringen wurde fränkische Provinz.
Die Flüchtenden hatten einen Schatz dabei. Wie Bernd Kluge, Direktor des Berliner Münzkabinett, sagte, war dieser damals mehr ein Statussymbol, zeigte die Macht des Besitzers. „Kaufen konnte man sich nichts dafür.“ Die Prägungen lassen die Vergangenheit lebendig werden. „Auf der Vorderseite stehen die Abbildungen von Herrschern mit Namen und Titel, auf der Rückseite eine Viktoria mit Kreuz, ein Spruch und der Hinweis auf die Prägestätte“, erläutert der Fachmann.
Eine kleine Sensation ist ein Goldstück mit dem Bild Theudeberts, des Enkels von König Chlodwig. Theudebert brach damit das Privileg der byzantinischen Kaiser, sagt Kluge. Nur die durften Münzen mit ihren Abbild herausgeben.
Der Wert des Schatzes nach heutigen Maßstäben bemisst sich nicht am Edelmetall. Theudeberts Münze könnte bei einer Auktion etwa 50 000 Euro bringen, die anderen etwa 1000. Von Bedeutung sei vor allem der wissenschaftliche Wert, sagt Landesarchäologe Franz Schoppe. Die Stücke werden zunächst im Archäologischen Landesmuseum in Brandenburg/Havel und im Museum Prenzlau gezeigt. Hobby-Goldsuchern rät er ab, sich auf den Weg zu machen: Es ist nicht mehr zu finden. Gudrun Janicke
Gudrun Janicke
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