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Der nächste Zeuge. Auslöser der nach EU-Recht möglichen und durchsetzbaren Ladung Thylanders sind die jüngsten Aussagen des tatsächlichen Käufers, des schillernden Hannoveraner Anwaltes Ingolf Böx vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag.

© dapd

Von Thorsten Metzner: Vorladung nach Kopenhagen

Krampnitz-Ausschuss will nach der Böx-Aussage dänischen Immobilien-Investor Thylander vorladen, der als Käufer galt – aber nie kaufte

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Potsdam - In der Krampnitz-Affäre drohen internationale Verwicklungen. Nach den ersten Zeugenvernehmungen will der Untersuchungsausschuss des Landtages jetzt nämlich den dänischen Immobilien-Unternehmer Lars Thylander als Zeuge vorladen. Das wollen sowohl rot-rote Koalitionäre als auch die Opposition aus CDU, FDP und Grünen, um die immer bizarreren Widersprüche um den Verkauf der Immobilie aufzuhellen: „Wir haben das vor“, bestätigte Christian Görke, parlamentarischer Geschäftsführer der Linken. „Wir müssen wissen, ob Thylander wirklich ernsthaft einsteigen wollte“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Brandenburgs Landtag und der damalige Finanzminister Rainer Speer (SPD) waren noch bis Spätsommer 2010 davon ausgegangen, drei Jahre vorher die 112-Hektar-Kaserne im Norden Potsdams an die solvente und seriöse Thylander-Gruppe verkauft zu haben. Diese hat dies im Zuge der Affäre inzwischen offiziell dementiert, was sich auch mit den Kaufverträgen und Handelsregister-Auszügen deckt.

Auslöser der nach EU-Recht möglichen und durchsetzbaren Ladung Thylanders sind die jüngsten Aussagen des tatsächlichen Käufers, des schillernden Hannoveraner Anwaltes Ingolf Böx, vor dem Untersuchungsausschuss: Danach will Böx zusammen mit seinem Geschäftspartner Rolf Haferkamp die Immobilie für Thylander quasi im Voraus erworben haben, und in Abstimmung mit diesem den Namen „Thylander“ verwenden haben, als ob dieser der Investor sei. „Auch Thylander hat gewollt, dass der Eindruck entsteht“, sagte Böx, dessen „TG Potsdam“ die Kaserne erwarb. In seinem „Erwerbsantrag“ vom 31.5.2007 hatte er seine Firma als „eine Gesellschaft der Thylander-Gruppe aus Dänemark“ bezeichnet. Niemand, weder im Finanzministerium noch in der für das Land tätigen, 2006 privatisierten Brandenburgischen Boden Gesellschaft (BBG) prüfte diese Angaben nach. Dass Thylander als Käufer fungierte, war aber nach früheren Aussagen von Ex-Minister Speer maßgeblich für den Zuschlag.

Gegen BBG-Verantwortliche ermittelt die Potsdamer Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue. Dieser dürfte sich nach der Sitzung des Untersuchungsausschusses weiter erhärtet haben. Dabei geht es um den Tag, an dem um Mitternacht die Frist der BBG zum Einreichen der Gebote ablief, der 31.Mai 2007. In der Nacht bewegte sich offenbar ein Kurier durch die dunklen Weiten der Mark. Böx hat das Angebot „um 23.45 Uhr“ an der Wache der BBG-Zentrale in Wünsdorf abgeben lassen, was der Eingangsstempel belegt. Am gleichen Tag will er mit Thylander einen „Vertrag“ für dessen spätere Übernahme der TG Potsdam geschlossen haben, den der Ausschuss jetzt sehen will. Böx hat das in Aussicht gestellt. Doch nicht nur Görke, kaum einer im Landtag kann sich vorstellen, „dass bei einer Investition von 250 Millionen Euro das Angebot in letzter Minute an der Wache abgegeben wird“. Dass die Staatsanwaltschaft in den Ermittlungen auf den „Vergabetag“ ein besonderes Augenmerk legt und im Untersuchungsausschuss sowohl Rot-Rot aber auch die Opposition jetzt BBG-Geschäftsführer Frank Marczinek, den früheren Mit-Geschäftsführer Holland-Nell und eine weitere Mitarbeiterin als Zeugen vorladen wollen, hat aber noch einen Grund: Nach dem von den drei BBG-Verantwortlichen unterschriebenen Protokoll aus der Vergabeakte erfolgte „die Angebotseröffnung am: 31.05.2007“. 

Das Datum findet sich dort mehrfach. Das Angebot von Böx, das schließlich den Zuschlag erhielt, kann danach aber nicht erst in der Nacht abgegeben worden sein, sondern müsste schon am Tage vorgelegen haben. Oder: Die Vergabeakte ist nicht korrekt, fehlerhaft, falsch datiert, möglicherweise manipuliert. „Dieser Widerspruch muss geklärt werden. Entweder es kann erklärt werden, oder einige haben ein Problem“, sagte Görke. Und Vogel meinte, wenn da „etwas nicht stimmt, wäre das gesamte Vergabeverfahren anfechtbar.“ Außerdem will der Ausschuss wissen, warum die BBG trotz Information durch Anwalt Böx das Finanzministerium nicht informierte, dass „im März 2008“ die Thylander-Gruppe selbst als möglicher Investor absprang.

Ein Strukturfehler, dass das Finanzministerium der BBG blind vertraute, Zuarbeiten ungeprüft übernahm, wie jetzt Zeugen aussagten, lag offensichtlich früher. Im Zuge der Privatisierung wurde der Geschäftsbesorgungsvertrag, der Pflichten und Kompetenzen regelt, sagt etwa der SPD-Politiker Reinold Dellmann, „nur ungenügend der Situation angepasst, dass es sich um ein privates Unternehmen handelt.

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