Brandenburg: Wahlen als Bremsklotz
BER-Chef Mühlenfeld gibt der Politik Tipps. Und er fordert eine bessere Verkehrsanbindung
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Berlin - Er würde es „wahrscheinlich trotzdem wieder machen“. So antwortet Karsten Mühlenfeld auf die Frage, ob er den Job als Berliner Flughafenchef samt Deutschlands peinlichster Baustelle auch nach mehr als einjähriger Erfahrung noch einmal übernehmen würde. „Auch wenn ich mir einige Themen anders vorgestellt habe.“ Welche? Da seien im Detail die Probleme am BER, sagt Mühlenfeld und fügt hinzu: „Wir haben einen sehr politischen Aufsichtsrat. Das macht es nicht immer so leicht.“ Das sei etwas komplexer, „als wenn man die Probleme rein sachlich betrachten könnte. Es sind ja immer irgendwelche Wahlen in der Region.“
Solche Sätze spricht der Flughafenchef am Montagmorgen im Ludwig–Erhard-Haus vor rund 150 Unternehmern beim wirtschaftspolitischen Frühstück der Berliner IHK. Es ist ein ziemlich gewagter, ja provokanter Auftritt, ohne Rücksichten auf die Politik, etwa auf die Berlin-Wahl im September. So legt sich Mühlenfeld kategorisch fest, dass nicht vor Oktober entschieden wird, ob es mit dem BER-Start 2017 doch noch etwas wird oder nicht. Ob der Steuerzahler nach den bewilligten Milliarden nicht ein Recht auf Klarheit habe? „Die Aussage, dass der Steuerzahler den Flughafen bezahlt, ist nicht korrekt“, widerspricht er. Schließlich bekomme man nur Darlehen, die man den drei öffentlichen Eigentümern ab 2020/21 zurückzahlen werde.
Dafür gibt der BER-Chef selbst Ratschläge an die Politik – etwa für eine gemeinsame Ansiedlungspolitik und Wirtschaftsförderung mit Brandenburg, damit nach 25 Jahren endlich auch große Industrieansiedlungen gelingen. Nötig seien dafür „möglichst gleiche Prozesse, möglichst eine gemeinsame Behörde“. Für die Verkehrsanbindung des künftigen Airports müsste mehr getan werden. „Wir brauchen innovativere Transportsysteme. Da könnten wir schneller sein“, sagt Mühlenfeld. Er nennt die Dresdner Bahn, die Überlastung der Stadtautobahn, den Tempelhofer Damm. „Ich warte auf den Tag, an dem die Bundespolitiker mit der S-Bahn zum Flughafen fahren, weil man sonst nicht hinkommt.“
In Berlin, wo man seit Jahren auf den Tag der Eröffnung des neuen Airports wartet, wird an diesem Montag auch der bereits veröffentlichte 1269 Seiten starke Abschlussbericht des BER-Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus zum Flughafendesaster vorgestellt. Auf der Pressekonferenz betont etwa SPD-Obmann Ole Kreins nach der Kritik der letzten Tage, dass Klaus Wowereit Mitverantwortung am Debakel habe. Jutta Mattuschek, für die Linken im Gremium, verfolgt früh den Mühlenfeld-Auftritt bei der IHK. Sie hat, sagt sie, „Déjà-vu-Erlebnisse“. Wie 2012 gebe es eine Unterschätzung der Genehmigungsprozesse, wie damals werde an einem „irrationalen Eröffnungstermin“ festgehalten.
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