Flughafen-Skandal: Wähler sehen Schuld bei Platzeck
Umfrage für die CDU: Regierungschef wird für Debakel verantwortlich gemacht. SPD bleibt vorn.
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Potsdam - Wegen des Debakels um den Hauptstadtflughafen „Willy Brandt“ in Schönefeld muss Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) mit Einbußen bei den Wählern rechnen. Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, geben 67 Prozent der Brandenburger dem Regierungschef eine große oder sehr große Mitverantwortung für die Probleme beim Bau und bei der Finanzierung des neuen Flughafens. „Bild“ beruft sich auf eine repräsentative Umfrage des Hamburger Marktforschungs-Instituts GMS, das vergangene Woche im Auftrag der CDU 1006 Brandenburger befragt hat.
Das Ergebnis steht im Widerspruch zur bisherigen Argumentation aus dem Umfeld Platzecks. Dort wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass das Flughafendesaster für die Menschen in den Weiten des Landes kaum eine Rolle spiele. Diese Erfahrung haben man bei Veranstaltungen mit Platzeck auf dem Land gemacht. Laut „Bild“ sehen gar 58 Prozent der SPD-Anhänger und sogar 80 Prozent der Linke-Wähler eine große oder sehr große Mitverantwortung bei Platzeck.
Wie stark sich das Urteil der Brandenburger über Platzecks Rolle beim BER-Debakel auf dessen Beliebtheitswerte auswirkt, ist noch unklar. Platzeck ist Vize- Chef im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft, Vorsitzender in Klaus Wowereit (SPD). Die Umfragewerte für den Regierenden Bürgermeister von Berlin und die SPD dort waren zuletzt eingebrochen. Platzeck ist also gewarnt. In Berlin jedenfalls haben die verschobene Eröffnung des BER-Flughafens und die anhaltenden Meldungen über Chaos auf der Baustelle und steigende, vom Steuerzahler zu zahlende Kosten Wowereits Beliebtheit sinken lassen. Wowereit muss am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus über den Stand auf der BER-Baustelle informieren. Auf Antrag der Grünen, Linken und Piraten soll ein Untersuchungsausschuss zum BER-Skandal eingesetzt werden. Im brandenburgischen Landtag gibt es bislang keine Initiativen für einen Untersuchungsausschuss. Erst vergangene Wochen musste Platzeck sich aber auf einer Sondersitzung des Landtags zu den Vorgängen auf dem neuen Flughafen erklären.
Anders als die Berliner Sozialdemokraten und trotz der Flughafenmisere bleibt die SPD in Brandenburg weiterhin stärkste Kraft. Im Vergleich zu den Umfragen vom März im Auftrag von SPD und Linke sinkt die Zustimmung für die SPD von 38 auf 35,1 Prozent.
Die Linke, Koalitionspartner in der rot-roten Koalition mit der SPD, kann die sinkenden Umfragewerte nicht stoppen. Zudem sorgte die Partei mit den Querelen um die Absetzung der früheren Landtagsfraktionschefin Kerstin Kaiser für Negativ-Schlagzeilen. Bei der Wahl im September 2009 hatte die Linke noch 27,2 Prozent der Wählerstimmen geholt und war damit an zweiter Stelle hinter der SPD und vor der CDU gelandet. Nach 22 Prozent im März landet die Linke jetzt nur noch bei 20 Prozent.
Die Christdemokraten dagegen gewinnen an Zustimmung – und dass trotz ihres radikalen Konfrontationskurses gegen Rot- Rot. Bei der Landtagswahl 2009 war die CDU mit 19,8 Prozent der Wählerstimmen nur auf dem dritten Platz gelandet. Jetzt erreichen die Christdemokraten in der Umfrage 24,5 Prozent. Auch gegenüber den März-Umfragen, die noch vor Bekanntwerden des BER-Debakels erhoben wurden, haben sich die Christdemokraten verbessert. Zu dieser Zeit holte die CDU noch 23 Prozent.
Die Grünen verbessern sich laut „Bild“ in der Umfrage von sieben auf 7,5 Prozent, zur Wahl waren es noch 5,6 Prozent. Die FDP, bei der Wahl noch bei 7,2 Prozent, verbessert sich von zwei auf drei Prozent – muss also um den Wiedereinzug bangen. Ein Einzug der Piraten in den Landtag ist unsicher. Sie verschlechtern sich von 5 auf 4,8 Prozent.
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