zum Hauptinhalt

BER: Warten auf den „Vokuhila-Flughafen“

Wie kann es weitergehen mit der Großbaustelle in Schönefeld? Bei einer Debatte im Tagesspiegel-Verlagshaus blieb nur ein Fazit: „Augen zu und durch“

Stand:

Berlin - Für den Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa ist der BER in Schönefeld ein „Vokuhila-Flughafen“ – „vorne zu kurz, hinten zu lang“. Es ist nicht nur die Brandschutzanlage, die den Verantwortlichen am Hauptstadtflughafen Kopfzerbrechen bereitet. Unklare Kosten, kein Termin für die Eröffnung, ein für die wachsenden Passagierzahlen falsch konzipiertes Terminal, der falsche Standort – die Geschichte des Scheiterns am Flughafen ist lang. Anlass genug, beim Tag der offenen Tür des Tagesspiegels zum Talk zu laden – und dabei zugleich „Akte BER“, das E-Book des Tagesspiegels, vorzustellen, das in dieser Woche erscheint.

Neben Faulenbach da Costa war auch Brandenburgs Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider zu Gast. Und er räumte ein, dass es mit dem vorhandenen Konzept im Terminal Probleme bei der Abfertigung von Passagieren geben könnte. Nicht nur das: „Dass beim Flughafen etwas falsch gemacht wurde, das pfeifen inzwischen die Spatzen von den Dächern.“ Dem Steuerzahler kommt das teuer zu stehen. Derzeit sind bereits 4,6 Milliarden Euro für den BER bewilligt. Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn hat eine weitere Finanzspritze von 1,1 Milliarden Euro beantragt. Ob das ausreichen wird, ist unklar. „Ich weiß noch nicht, wie viel teurer der BER wird, ob 1,1 Milliarden Euro, 0,9 oder 1,4“, sagte Bretschneider. „Ich glaube, dass man mit dem Geld den BER so fertig bauen kann, wie er 2012 ans Netz gehen sollte.“

Doch selbst nach der Eröffnung drohen neue Unwägbarkeiten oder, wie PNN-Redakteur Thorsten Metzner es auf dem Podium formulierte: „ Eine Gewissheit haben wir: dass die Turbulenzen weitergehen werden.“ Und bei denen geht es vor allem um die Kapazitäten. „Die Entwicklung ist über diesen Flughafen hinweggegangen“, sagte Bretschneider. Das erwartete Passagieraufkommen – derzeit liegt es in Berlin bei mehr als 26 Millionen Fluggästen pro Jahr – gehe deutlich darüber hinaus, was in den 1990er-Jahren für möglich gehalten wurde. „Es gibt Sachen, die flughafenintern falsch angelegt worden sind“, sagte Bretschneider. Der BER werde deutlich darüber hinauswachsen, wofür er ausgelegt wurde.

Faulenbach da Costa glaubt aber nicht, dass es irgendwann besser wird auf dieser „Chaosbaustelle“ – weil Fachwissen fehlt. In der Chefetage der Flughafengesellschaft, in der Geschäftsführung und im Aufsichtsrat gebe es nur „Experten ohne Expertise, das ist das Problem des BER“. Angesichts der Mängel auf der Baustelle sei der Weg bis zu Fertigstellung auch nicht kalkulierbar. Ursprünglich sei bei der Planung des BER von 22 Millionen Passagieren ausgegangen worden, deshalb hätte das Terminal gleich für ein Aufkommen von 44 Millionen Passagieren ausgelegt werden müssen. „Hier wurden grundlegende Kenntnisse der Flughafenplanung nicht beachtet“, sagte er. Faulenbach da Costa plädierte dafür, angesichts der Engpässe schon jetzt die Planungen für eine dritte Start- und Landbahn zu starten. Das lehnte Bretschneider rundweg ab, die beiden vorhandenen Bahnen seien ausreichend. Einig zeigten sich beide allerdings darin, dass den Entscheidern am Flughafen, vor allem der Politik, wegen der fortdauernden Pannen am BER der Mut abhandengekommen ist. „Die falsche Entscheidung für den Flughafen in Schönefeld führt doch dazu, dass die Politik Eiertänze macht und sich davor hütet, eine Aussage zur dritten Startbahn zu machen“, sagte Faulenbach da Costa. Wenn der BER in Betrieb sei, dann „steht die Entscheidung an, dann ist die Politik ein Getriebener“. Bretschneider gesteht bei aller Ablehnung einer dritten Start- und Landebahn aber zu, dass der BER aktuell nur in der vorhandenen Größe „so schnell und preiswert“ wie möglich fertig gebaut werde. „Im Moment haben viele Leute Angst, zukunftsorientiert und großzügig zu denken.“ Faulenbach da Costa schlug auch vor, vom Konzept eines einzelnen großen Flughafen-Standorts in Berlin abzurücken und stattdessen neben dem neuen Airport die kleineren Flughäfen in Berlin mit einzubinden und damit die Kapazitätsengpässe in Schönefeld, aber auch die Lärmbelastung zu entschärfen.

Natürlich musste die Frage nach dem Eröffnungstermin gestellt werden. Thorsten Metzner sagte: „Vor 2016 erwartet das niemand mehr. Augen zu und durch, nichts anderes ist jetzt möglich.“ Bretschneider, der auch Vize-Chef des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft ist, ließ sich nichts entlocken. „Ich sage keinen sechsten Termin.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })