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BER-Airport: Warten auf eine Erklärung für den Billig-Schallschutz

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) muss an diesem Donnerstag im Landtag zum Fiasko um den neuen Flughafen in Schönefeld erneut Rede und Antwort stehen.

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Potsdam -  Im Mittelpunkt der Sitzung des Hauptausschusses soll neben der Kostenexplosion vor allem der fehlende Schallschutz für 25 000 Familien spielen. Wie berichtet können diese erst seit einem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Berlin-Brandenburg darauf hoffen, dass der vom Flughafen selbst beantragte, von der Planfestellungsbehörde und vom Leipziger Bundesverwaltungsgericht bestätigte Schallschutz auch tatsächlich gewährleistet wird. Zuvor war dies vom Flughafen mit Billigung des brandenburgischen Verkehrsministeriums mit einer Billigvariante unterlaufen worden. Das OVG hatte diese Praxis per Eilbeschluss gestoppt und als systematischen Verstoß gerügt. Das Verkehrsministerium war gegen den Billigschallschutz nicht eingeschritten. Es hatte diesen gar für zulässig erklärt – gegenüber dem OVG, aber auch in Antwort etwa auf eine PNN-Anfrage im Mai.

Platzeck hat bislang keinerlei Versäumnisse oder Irrtümer beim Schallschutz eingestanden. Auch in den letzten Tagen gab es keine Erklärungen dafür, warum Brandenburg als Miteigentümer des auf seinem Territorium liegenden Airports zuließ, dass für Schallschutz im Etat der Flughafengesellschaft auch nie ausreichend Mittel eingeplant waren. Mit dem noch immer geltenden 140-Millionen-Euro- Schallschutzprogramm stünden je Wohnung im Durchschnitt nur 5600 Euro zur Verfügung. Zwar sprach Platzeck erst am Dienstag wieder mit Blick auf das OVG-Urteil von „exquisitem bis exzellentem“ Schallschutz. Er verwies auf die Position Brandenburgs, einen Schallschutz zu sichern, nach dem der Lärm-Grenzwert in den Wohnungen von 55 Dezibel „weniger als einmal“ täglich überschritten werden darf, was in Summe 300 Millionen Euro mehr kosten würde. Aber selbst diese Position hatte seine Regierung nie versucht ernsthaft durchzusetzen.

Betroffene, wie der Bürgermeister von Blankenfelde-Mahlow, Ortwin Baier, aber auch die Opposition im Landtag halten es für einen Skandal, dass der Flughafen mit Billigung der Vertreter Brandenburgs im Flughafenaufsichtsrat nun auch noch gegen den OVG-Beschluss und die dem folgende Verfügung des Verkehrsministeriums vorgehen will. Wie Baier am Mittwochabend den PNN bestätigte, ziehen sich Blankenfelde und weitere Anrainerkommunen deshalb komplett aus dem „Dialogforum“ zum Airport zurück. „Für eine rechtliche Klärung gibt es keinen Grund. Es sei denn, man will die Leute weiter betrügen“, sagte Baier.

Um den Schallschutz für die 14 000 Familien im Tagschutzgebiet wird weiter gepokert. Zwar hat Brandenburg vorsorglich 222 Millionen Euro im nächsten Haushalt eingestellt – sein Anteil an den Gesamtkosten von 591 Millionen Euro für einen Schallschutz gemäß OVG-Urteil. Und der Flughafen hat als erste Konsequenz seine jahrelang rechtswidrigen Spar-Bewilligungen eingestellt, verschickt solche Bescheide auch nicht mehr. Doch er will derzeit auch keine neuen, rechtskonformen verschicken. Das geht aus einem Schreiben an Betroffene hervor.

Zum OVG-Beschluss heißt es in einem Flughafen-Brief, unterzeichnet von Peter Lehmann, Leiter Stabstelle Schallschutz, dass die OVG-Richter den „Umfang des Tagschutzes neu bestimmt“ hätten. Doch dies entspricht nicht den Tatsachen. Man sei derzeit damit befasst, heißt es weiter, „diese Entscheidung zu analysieren und hiernach in Abstimmung mit unserer Genehmigungsbehörde zu bestimmen, welche tatsächlichen und rechtlichen Konsequenzen sich hieraus für die Gewährung von Schallschutz ergeben“. Es sei daher eine Bearbeitung „von mehreren Wochen“ absehbar.

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