Brandenburg: „Was nicht fährt, wird auch nicht bezahlt“
Der Lokführerstreik wird teuer: Brandenburg und Berlin kürzen dem Bahn-Konzern die Mittel
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Potsdam - Die Länder Brandenburg und Berlin bitten die Deutsche Bahn AG für jeden wegen des Lokführer-Streiks ausgefallenen oder verspäteten Zug rigoros zur Kasse. „Was nicht fährt, wird auch nicht bezahlt“, bestätigte Brandenburgs Verkehrsminister Reinold Dellmann (SPD) am Freitag den PNN. Das ist kein Alleingang, sondern auch die Linie Berlins sowie anderer Bundesländer und Verkehrsverbünde in Deutschland. „Für ausgefallene S-Bahnen gibt es natürlich auch kein Geld. Das wird Ende des Jahres genau abgerechnet und abgezogen“, sagte auch Manuela Damianakis, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Berlin. Nach PNN-Recherchen verliert die Deutsche Bahn AG damit pro Streiktag allein in Berlin- Brandenburg rund 1 Million Euro. Nach Berechnungen des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW) verursacht der Arbeitskampf, den die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) mit der Konzernspitze des Staatsunternehmens um drastische Gehaltssteigerungen führt, je Streiktag insgesamt einen volkswirtschaftlichen Schaden von 25 Millionen Euro. Ein Ende ist bislang nicht in Sicht. Die Konzernspitze appellierte am Freitag vergeblich an die Lokführer-Gewerkschaft, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Bislang war noch unklar, um welche finanzielle Größenordnung es sich bei den Zahlungsverweigerungen der Länder Berlin und Brandenburg wegen ausgefallener Züge handelt: Doch jetzt nannte der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB) erstmals Zahlen. Pro Streiktag gehe es in Brandenburg und Berlin „um jeweils um rund 500.000 Euro, die der Bahn bei der Abrechnung abgezogen werden“, sagte Brigitta Köttel, eine Sprecherin des VBB. Köttel betonte, dass „das eingesparte Geld in den Nahverkehr fließt“. Zwar sollen Detail-Zahlen erst im Frühjahr 2008 vorliegen. Doch waren Berliner und Brandenburger Fahrgäste bereits an drei Tagen unmittelbar von den Folgen des anhaltenden Arbeitskampfes betroffen, so dass aus der Region bei der Deutschen Bahn AG bereits Zahlungsausfälle von rund 3 Millionen Euro aufgelaufen sein dürften.
Zum Hintergrund: Den Regionalverkehr finanzieren die Bundesländer aus zweckgebundenen „Regionalisierungsmitteln“, die der Bund zur Verfügung stellt. In Berlin und Brandenburg sind das jeweils rund 400 Millionen Euro pro Jahr, für die dann bei Verkehrsunternehmen Züge bestellt werden. Die Deutsche Bahn AG ist als früherer Monopolist dabei in der Region immer noch wichtigster Auftragnehmer. In Berlin betreibt sie über eine Tochter das S-Bahn-Netz. In Brandenburg sind bislang erst 20 Prozent des 2500 Kilometer langen Regionalverkehrs-Streckennetzes ausgeschrieben worden und werden von anderen Bahn-Firmen betrieben, erklärte Lothar Wiegand, Sprecher des Infrastrukturministeriums (MIR). Bis 2012 gilt noch der so genannte, umstrittene „Bahnvertrag“ über 1,9 Milliarden Euro, den der frühere Verkehrsminister Hartmut Meyer (SPD) mit dem Staatsunternehmen 2002 abgeschlossen hatte. Bis 2012 darf die Deutsche Bahn 75 Prozent des Regionalverkehrs betreiben, darunter die hoch profitablen Regionalexpresslinien. Wiegand stellte klar, dass nach Auslaufen des Vertrages auch die Regionalexpresslinien ausgeschrieben werden. „Unser Ziel ist 100 Prozent Wettbewerb.“ Wiegand wies darauf hin, dass nicht nur bei Streiks, sondern generell der Deutschen Bahn Geld für ausgefallene oder stark verspätete Züge abgezogen wird. Bislang habe dies in Brandenburg 2 bis 5 Millionen Euro ausgemacht. „In diesem Jahr wird es wegen des Streiks wohl mehr.“
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