Brandenburg: Weite Sprünge im Papengrund
Neue Sprungschanze wird in Bad Freienwalde eingeweiht / Deutschlands nördlichstes Wintersportzentrum
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Bad Freienwalde - Routiniert geht Sören Manthey in die Hocke. Der 13-jährige Skispringer stößt sich ab und fährt den Schanzentisch hinunter. Er trifft den Absprung genau und fliegt weit hinunter in den Papengrund in Bad Freienwalde. Nach der Landung strahlt er über das ganze Gesicht. „Das Gefühl zu fliegen, ist einfach geil“, sagt Manthey.
Als einer der ersten Skispringer hat der Nachwuchssportler in dieser Woche die neue 66-Meter-Schanze des Bad Freienwalder Wintersportvereins 1923 (WSV) ausprobiert. Die Springer starten dabei von einem 32 Meter hohen Schanzenturm, der mit seiner hölzernen Aussichtsplattform ein neues Wahrzeichen der Kurstadt ist.
Kunststoffmatten und Keramik-Anlaufspuren ermöglichen eine ganzjährige Nutzung der Anlage unabhängig von den Schneeverhältnissen. Auf der 1,6 Millionen teuren Schanze, auf der Weiten bis 75 Meter möglich sind, wird seit Tagen eifrig trainiert. „Die bulgarische Nationalmannschaft ist schon da, außerdem Skinachwuchs aus Österreich und demnächst auch mehr als 70 Sportler aus Polen“, berichtet der WSV-Vorsitzende Dieter Bosse. Denn am kommenden Wochenende wird die Schanze mit einem Internationalen Springen offiziell eröffnet. Rund 150 Skispringer aus 15 Ländern – vom Nachwuchsspringer bis zum Profi – messen sich in mehreren Wettbewerben. Sie kämpfen unter anderem um den Pokal des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD). Der Regierungschef werde dem Sieger am Samstag persönlich gratulieren, kündigt Bosse an.
Am Sonntag geht es beim Mannschaftsspringen um den Pokal des polnischen Skiverbandes. Denn neben den etwa 20 deutschen Kindern und Jugendlichen, die in Bad Freienwalde trainieren, sind regelmäßig auch 15 polnische Nachwuchssportler zu Gast.
Der WSV beschäftigt mit Sven Koch, einem früheren Leistungssportler bei den Nordisch-Kombinierten, einen eigenen Trainer des Deutschen Skiverbands. Seit der Wende flossen Investitionen von mehr als einer Million Euro – überwiegend aus Eigeninitiativen – in die Wiederbelebung der 1923 begründeten Wintersporttradition Bad Freienwaldes. Bislang trainierten die Skispringer auf einer Dreierschanzenanlage mit Weiten von 10, 22 und 42 Metern. Der 66-Meter-Bakken komplettiert nun Deutschlands nördlichstes Wintersportzentrum.
Dessen Bau war für den 20 Mitglieder zählenden WSV ein Kraftakt. Eigentlich sollte die neue, von der Europäischen Union geförderte Anlage bereits im Herbst 2007 eröffnet werden. Heftige Regengüsse und schwierige Bodenverhältnisse brachten jedoch nicht nur den Zeitplan für die Bauarbeiten durcheinander, sondern ließen auch die Kosten steigen.
Damit die Schanzenfundamente nicht in den Papengrund rutschten, mussten zusätzliche Betonverankerungen installiert werden. Weitere Probebohrungen und ein neues Bodengutachten waren notwendig. Das bedeutete 440 000 Euro an zusätzlichen Investitionen.
Die Bad Freienwalder machten dennoch weiter. Ein Darlehen des Deutschen Skiverbands, Sponsorengelder von Unternehmern aus der Region und des Landessportbundes halfen aus der Klemme. „Um die Kosten nicht weiter in die Höhe zu treiben, haben wir viel in Eigenleistung gemacht“, erinnert sich Bosse. So wurden etwa 600 Quadratmeter Rollrasen auf der Anlaufspur verlegt und die Sprungmatten im Schanzenauslauf angebracht.
Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Von den Springern habe es in dieser Woche viel Lob gegeben, sagt Bosse. „Mit der großen Schanze werden wir jetzt auch im internationalen Maßstab interessant“, betont der WSV-Chef und verweist auf Anfragen aus dem Ausland.
Sören Manthey wird die neue Schanze seines Heimatorts allerdings nur noch gelegentlich nutzen können. Das Nachwuchstalent aus Ostbrandenburg trainiert und lernt ab sofort in Deutschlands Olympiastützpunkt für die Nordische Kombination im vogtländischen Klingenthal.
In ein paar Jahren, sind WSV-Chef Bosse und Trainer Koch überzeugt, könnte der Bad Freienwalder zur Weltspitze gehören.
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