Brandenburg: Weiterhin Bedenken
Anhörung im Innenausschuss zur Kreisreform: Pro und Contra zur geplanten Zerschlagung des ausgezehrten Landesumweltamtes
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Potsdam - Und wieder neue Bedenken gegen die rot-rote Kreisreform. Auf einer Anhörung des Innenausschusses gab es am Mittwoch ein heftiges Pro und Contra gegen die geplante Kommunalisierung von bisherigen Landesaufgaben. Dort warnten neben der Naturschutzlobby auch Wirtschaftsvertreter davor, Genehmigungsverfahren für neue Produktionsanlagen, für die Industrie, Windräder oder die Landwirtschaft, für die bislang das Landesumweltamt zuständig ist, wie vorgesehen auf die Landkreise zu übertragen.
Damit drohe nicht nur ein Kompetenzabfall, ein Verlust an Spezialisierung, sondern eine politische Einflussnahme von Landräten, die auch anfälliger gegen den Druck von Bürgerinitiativen seien, hieß es auf der Anhörung. Das wollten die Landräte nicht auf sich sitzen lassen. „Am BER hat ein Landkreis nicht nur bewiesen, dass er in der Lage ist, das größte Infrastrukturprojekt der Region qualifiziert zu begleiten“, sagte Paul-Peter Humpert, der Geschäftsführer des Landkreistages. „Der Kreis hatte auch das Standing, es anzuhalten, als es kritisch wurde.“ Man dürfe die Fähigkeiten von Kreisen nicht unterschätzen. Auch Uckermark-Landrat Dietmar Schulze (SPD), früher Staatssekretär im Agrar- und Umweltministerium, widersprach – allerdings mit einem zweideutigen Satz: „Der Einfluss von Landräten und von Ministern unterscheidet sich nur unwesentlich. Und ich meine das positiv.“
Auf ein gravierendes Problem wies Peter Frost, Vize-Personalratsvorsitzender des Agrar- und Umweltministeriums, hin. Nach dem Abbau der letzten Jahre sei das Landesumweltamt schon jetzt massiv unterbesetzt. „Ganz klar: Das Amt hat für die Aufgaben, die es erfüllen muss, nicht die nötige Ausstattung.“ Dies führe zu Problemen in Genehmigungsverfahren, in der Abfallwirtschaft, beim Hochwasserschutz. „Dass es überhaupt noch gut funktioniert, liegt daran, dass wir hochkompetente Spezialisten haben.“ Nach dem Plan der Landesregierung soll aber die Personalausstattung des Jahres 2014 Grundlage für die Übertragung an die Landkreise sein. „Es wird einen Defizit-Transfer geben“, sagte Frost. Indirekt bestätigte auch ein externer Experte, dass der Natur- und Umweltschutz in der Landesverwaltung schon jetzt geschwächt ist. „Es ist ein Armutszeugnis für eine Landesregierung, wenn sie zur Umsetzung von Natura 2000-Gebieten Verträge mit dem Landkreistag schließt“, sagte Professor Hans-Walter Louis aus Niedersachsen, früher dort Naturschutz–Referatsleiter im Umweltministerium. „Das ist ein privatrechtlicher Verein, nicht einmal kompetent dafür.“ So etwas regele man mit einer Weisung. Er könne sich eine Aussage erlauben: „Ich bin nicht mehr im Landesdienst." Die Landkreise hätten nicht die nötige Fachkompetenz, komplizierte Genehmigungsverfahren zu führen. Die Folge werde sein, „dass sie das über Kanzleien und Gutachten auffangen werden – bezahlt von den Bürgern.“
Diese Bedenken gibt es auch in der Wirtschaft. So sagte Konrad Morgenschweis, Leiter der Einheit Qualität, Sicherheit und Umwelt bei der BASF in Schwarzheide, für komplexe Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz sollte die Zuständigkeit bei einer spezialisierten Fachbehörde auf Landesebene bleiben. Im Leitbildentwurf sei zwar formuliert, dass das Landesumweltamt für „industrielle Anlagen“ zuständig bleiben soll. Welche das sind, sei aber bislang nicht klar geregelt. Das müsse dann im Einzelfall entschieden werden, was die Verfahren verschleppe. „Das ist für Investitionsentscheidungen reines Gift.“
nbsp;Thorsten Metzner
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