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BER-Skandal: Wer hat wirklich Fragen?

Warum so wenigee Parteien in Berlin, Brandenburg und im Bund richtig harte Fragen an den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft stellen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

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Potsdam/Berlin - Die Szene könnte symptomatisch sein für den Aufklärungswillen in der Politik in Brandenburg und Berlin: Der frühere Berliner CDU-Abgeordnete und Verkehrsexperte Alexander Kaczmarek nippte jüngst bei einem Empfang an einem kühlen Bier und sagte freundlich: „Na, da hat der Regierende Bürgermeister ja echt Glück, dass wir nicht mehr in der Opposition sind.“

Das kann man wohl sagen. Dem Berliner Regierungschef, der seit 2003 auch den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft leitet, wird seit der peinlichen Verschiebung der Airport-Eröffnung am 8. Mai eigentlich nur von den Grünen so richtig eingeheizt, unbeholfen assistiert von den hauptstädtischen Piraten. Im Bund, in Berlin und Brandenburg sprechen die Grünen von einem Skandal, werfen Wowereit Verschleppung der Aufklärung vor und fordern, dass er zu seiner Verantwortung steht. Das ist kein Zufall, sind doch die Grünen im Bund und in beiden an der Flughafengesellschaft beteiligten Ländern seit Jahren in der Opposition. Und sie haben mit Anton Hofreiter, dem Chef des Bundestags-Verkehrsausschusses, einen überzeugten Gegner des Straßen- und Luftverkehrs, der von Jugend an für eine ökologische Verkehrspolitik brennt, an der Spitze der Bewegung.

Die Grünen haben auch das Glück, jedenfalls aus heutiger Sicht, niemals an der Kontrolle der staatlichen Flughafengesellschaft beteiligt gewesen zu sein. Im Gegensatz zu den Sozialdemokraten, der Linken und der Union. Die Ministerpräsidenten von Berlin und Brandenburg, Klaus Wowereit und Matthias Platzeck, begleiten das größte Infrastrukturprojekt der gemeinsamen Region seit neun Jahren im Aufsichtsrat. Beide Länder sind zudem mit Innensenator Frank Henkel (CDU), Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhoff (SPD), Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) und Finanzminister Helmuth Markov (Linke) vertreten. Der Bund steuert mit Verkehrsstaatssekretär Rainer Bomba (CDU) und Finanzstaatssekretär Werner Gatzer (SPD) ebenfalls politisch schwergewichtige Kontrolleure bei.

Auch die CSU ist mit Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, der den Hauptstadt-Airport nach dem jüngsten Debakel zur Chefsache erklärt hat, politisch mit im Spiel. Seine Zusammenfassung der Situation, die er der „Bild am Sonntag“ mitteilte: Dem Aufsichtsrat könne man keine Vorwürfe machen. Es sei auch nicht so, dass in Deutschland keine großen Infrastrukturprojekte mehr realisiert werden könnten. „Woanders wird viel mehr gepfuscht.“ Nun gilt Berlins Ex-Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) nicht gerade als enger Freund Ramsauers. Aber auch Wolf, der bis zur Bildung der rot-schwarzen Koalition im Flughafen-Aufsichtsrat saß, bleibt cool. „Es ist zu einfach, dem Aufsichtsrat die Schuld zu geben“, sagte er im Abgeordnetenhaus.

Im brandenburgischen Landtag warb Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser um neues Vertrauen in die Politik, während die CDU – dort jetzt in der Opposition, aber einst selbst mit im Aufsichtsrat – in staatsbürgerlicher Verantwortung einen „Runden Tisch“ aller Verantwortlichen und Betroffenen forderte.Ulrich Zawatka-Gerlach

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