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Brandenburg: „Wer so töten will, ist schwer zu stoppen“ Klinikexperte: Absolute Sicherheit nicht möglich

Wie lässt sich eine Tragödie wie die an der Berliner Charité verhindern? Fragt man in Berliner Kliniken nach Sicherheitskonzepten, fällt auf, dass niemand mit den Fingern auf das Universitätsklinikum zeigen mag.

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Wie lässt sich eine Tragödie wie die an der Berliner Charité verhindern? Fragt man in Berliner Kliniken nach Sicherheitskonzepten, fällt auf, dass niemand mit den Fingern auf das Universitätsklinikum zeigen mag. „Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Wer auf diese Weise im Krankenhaus töten will, der ist schwierig zu stoppen“, sagt Thomas Mansky, Qualitätschef der privaten Klinikkette Helios, die in Berlin zwei Kliniken betreibt.

Der Konzern setzt auf die Statistik, um mögliche Ungereimtheiten zu entdecken. „Einmal monatlich werten wir unsere Sterbedaten aus“, sagt Karin Mügge, Qualitätsmanagerin der Helios-Klinik in Buch. „Dadurch würde eine plötzliche Häufung von Toten auffallen.“ An der Charité waren es allerdings „nur“ zwei Fälle, und das auch noch auf einer Station mit Schwerstkranken. Deshalb wären sie wohl auch mit der Statistik nur schwer zu entdecken gewesen. Darüber hinaus seien die Chefärzte des Konzerns verpflichtet, jeden Todesfall zu besprechen.

Oft spielt bei Tötungsdelikten die besondere Belastung eine Rolle, der Pfleger und Ärzte auf einer Intensivstation mit sterbenden Menschen ausgesetzt sind. Deshalb würden Krankenschwestern oder Pfleger in der Regel nicht sofort nach ihrer Ausbildung auf einer solchen Station eingesetzt, sagt Carsten Sanft, leitender Oberarzt der Intensivstation im Unfallkrankenhaus in Marzahn. Erst nach mehreren Jahren könne man auf eine Intensivstation wechseln – und das auch „nur freiwillig“. Außerdem stehe ein Psychologe bereit, um in besonders schwierigen Situationen zu helfen. Zum Beispiel wenn ein Patient um Sterbehilfe bitte oder stark leide. Doch solche Extremsituationen versuche man zu vermeiden, indem man die Schwerstkranken mit Medikamenten „abschirme“, das heißt, indem man sie schmerzfrei halte und beruhige.

Zu den Schutzmechanismen zählen auch spezielle Schulungen des Personals und ein internes Fehlermeldesystem, wie es etwa der Verein zur Errichtung evangelischer Krankenhäuser (VZE) einsetzt, zu dem in Berlin fünf Kliniken gehören. „Jeder kann anonym Fehler, etwa versehentliche Überdosierungen, melden und hilft so anderen, diese zu vermeiden“, sagt Matthias Albrecht, VZE-Qualitätschef. „Aber wer mit Vorsatz töten will, wird auch durch dieses System nicht aufgehalten.“ Besonders gefährliche Arzneien, etwa starke Schmerzmittel wie Morphium, würden auf den Stationen unter Verschluss gehalten, so Albrecht. „An den Giftschrank kommen nur wenige, jede Entnahme wird genau protokolliert.“ Das ist generell für Krankenhäuser vorgeschrieben. Doch auch das hätte die Todesfälle an der Charité nicht verhindert, denn das Medikament, das die beschuldigte Schwester tödlich überdosierte, war eine normale Arznei, die auf der Station oft eingesetzt wurde. Dagegen helfe wohl nur, gleichzeitig immer zwei Pfleger für einen Patienten einzusetzen, die sich gegenseitig kontrollieren. Aber dies könne sich keine Klinik leisten. Ingo Bach

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