
© dpa/Fabian Sommer
Wie steht es um Brandenburgs Finanzen? : Landesparlament stimmt am Freitag über den Doppelhaushalt ab
Brandenburgs Parlament berät den 33-Milliarden-Doppelhaushalt 2025/2026 – begleitet von Protesten. Scheitert die Abstimmung, droht der Landesregierung das Aus.
Stand:
Die Spannung steigt, der Countdown läuft. Im Brandenburgs Landesparlament steht am Freitag der 33-Milliarden-Doppelhaushalt zur Abstimmung. Die dreitägigen Mammutberatungen haben am Mittwoch begonnen, begleitet von Protesten in Potsdam. Wenn die von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geführte SPD/BSW-Regierungskoalition mit dem Etat im Landtag durchfällt, droht der Regierung das Aus. Ein Überblick darüber, wie es um Brandenburgs Finanzen steht und worum es in dem Streit geht.
Um Brandenburgs Landesfinanzen steht es eigentlich ziemlich gut. Das Land will, so der 189-Seiten-Entwurf für den Doppelhaushalt, in den Jahren 2025 und 2026 so viel Geld ausgeben wie niemals zuvor seit der Wiedergründung Brandenburgs im Jahr 1990. Für 2025 sind 16,7 Milliarden Euro vorgesehen, für 2026 sogar 17,4 Milliarden Euro. Keine Landesregierung in Brandenburg, keiner der SPD-Regierungschefs – ob Manfred Stolpe (1990 bis 2002), Matthias Platzeck (2002 bis 2013) oder auch bisher Ministerpräsident Dietmar Woidke (seit 2013) konnte mit solchen Rekordsummen regieren.
Platzeck, der das Land mit Etats von rund 10 Milliarden Euro lenkte, verordnete dem Land angesichts der demografischen Herausforderungen, dem Auslaufen des Solidarpaktes eine Rotstift-Politik – mit dem Ziel eines Jahresetats von rund acht bis neun Milliarden Euro. Mit dem Aufschwung des letzten Jahrzehnts, der größten Steuerkraft (gemessen an der Einwohnerzahl) der ostdeutschen Länder, hat Brandenburg diese Zwänge lange hinter sich gelassen.
Zu viel Geld ist Brandenburgs Problem
Trotzdem hat Brandenburg ein Finanzproblem. Das Land lebt aktuell über seine Verhältnisse. Ein Teil des 33-Milliarden-Etats ist ein eigentlich ungedeckter Scheck. Von der Steuerkraft wäre maximal ein Etat von rund 14 bis 15 Milliarden Euro pro Jahr gedeckt. Doch die Krisen seit 2020 – erst die Pandemie, dann die Energiekrise und die Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine – haben auch in Brandenburg zu milliardenschweren Rettungsschirmen geführt.
Die Ausgaben weckten Erwartungen und gingen dauerhaft in den Haushalt ein. Die politische Krise mit dem Erstarken der AfD führte schon in Woidkes Kenia-Koalition von SPD, CDU und Grünen zu überhöhten Ausgaben, die die SPD/BSW-Koalition nun einholen.

© dpa/Fabian Sommer
Zwei Milliarden Euro neue Kredite
Was das Land zu viel ausgibt, lässt sich exakt beziffern – mit den geplanten neuen Schulden von rund zwei Milliarden Euro. 2025 soll Brandenburg Kredite über 924 Millionen aufnehmen, 2026 sogar über 1,1 Milliarden Euro. Die Verschuldung des Landes steigt damit auf rund 24 Milliarden Euro, auch ein Rekordwert.
Die Reserven und Rücklagen, angespart unter Rot-Rot, hatte die Kenia-Regierung aufgebraucht. Dass sich das Land trotz Schuldenbremse diese Kredite erlauben will, soll durch eine veränderte Berechnungsformel in der Landeshaushaltsordnung ermöglicht werden. Juristisch ist dies vielleicht möglich, am finanziellen Problem ändert das nichts.
Kürzungen bei der Bildung – dramatische Wirkungen
Brandenburg erlebt gerade die heftigsten Anti-Rotstift-Proteste seit Ewigkeiten, vor allem von Lehrern, Schülern und Eltern, die auch die aktuellen Landtagsberatungen begleiteten. In kürzester Zeit wurden 15.000 Unterschriften gesammelt. Tatsächlich ist der Bildungsbereich am stärksten vom Doppelhaushalt betroffen, während es bei der Inneren Sicherheit, Polizei und Verfassungsschutz, eine Aufstockung gibt. Bewilligt werden sollen in diesen Bereichen mehr Personal und mehr Technik – wie zwei Polizeihubschrauber.

© Andreas Klaer
Der Bildungsetat ist traditionell der größte im Haushalt. 2025/2026 ist er ist zwar unterm Strich insgesamt größer als in den Vorjahren, dennoch gibt es im Etat selbst drastische Einschnitte: Die Regierung hat den Lehrern eine Erhöhung der Pflichtstundenzahl um eine Stunde verordnet, womit landesweit 345 Lehrerstellen weniger zur Verfügung stehen – trotz steigender Schülerzahlen. Und das Personalbudget wird um 50 Millionen Euro gekürzt.

© dpa/Fabian Sommer
Die Zahlen erscheinen bei rund 23.000 Lehrkräften auf den ersten Blick relativ klein, haben aber angesichts der angespannten Gesamtsituation und dramatisch hoher Krankenstände schon jetzt eine immense Wirkung auf viele Schulen im Land: Unterricht fällt aus, Förderstunden werden gestrichen, Verträge mit befristet eingestellten Lehrern wurden nicht verlängert. Es sind Versetzungen von Lehrkräften an Schulen in ländlichen Regionen angekündigt, wo der Anteil von Seiteneinsteigern schon jetzt sehr hoch ist. Zwar hat die SPD/BSW-Regierungskoalition den Haushaltsentwurf mit einer Erhöhung des Vertretungsbudgets um rund 14,5 Millionen Euro im Jahr 2025 und im nächsten Jahr um 3,6 Millionen Euro jüngst nachbessert. Ob damit Ruhe an den Schulen einkehrt, scheint dennoch mehr als fraglich.
Rotstift bei Kommunen und im Pakt für Pflege gecancelt
Im Haushaltsentwurf der SPD/BSW-Regierung waren weitere Kürzungen vorgesehen, etwa beim Pakt für Pflege, an der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB), die im Zuge der parlamentarischen Beratungen von den Koalitionsfraktionen SPD und BSW deutlich entschärft wurden.
Das gilt auch für die Finanzausstattung der Kommunen im Land, die weniger verschuldet sind als in anderen Ostländern und in Brandenburg eine starke Lobby haben. Man einigte sich im Vorfeld auf einen Kompromiss mit den kommunalen Spitzenverbänden.
Der ursprünglich geplante Rotstift im Familienlastenausgleich, bei dem die Kommunen mehrere hundert Millionen Euro weniger erhalten hätten, wurde gecancelt. Zum Zweiten sollten die Kommunen kurzfristig 94 Millionen Euro zu viel erhaltene Wohngeldleistungen zurückzahlen, was 2025 laufende Haushalte in Städten, Kreisen und Gemeinden unerwartet belastet hätte: Das Ganze wurde gestreckt.
Nur noch eine Stimme Mehrheit für Koalition
Für Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und seine Regierung geht es bei der Verabschiedung des Haushaltes um viel, vielleicht sogar alles. Die politische Lage in Brandenburg ist schon länger angespannt. Die AfD, die zur Landtagswahl nur knapp zweitstärkste Kraft wurde, aber bei Kommunal-, Europa- und Bundestagswahl im Land stärkste Partei, arbeitet auf den vorzeitigen Sturz der Regierung hin. Sie will Gelder für das Tolerante Brandenburg und Geflüchtete streichen.
Erst jüngst gab die AfD das Ziel aus, zur nächsten Landtagswahl die absolute Mehrheit zu erringen. Die oppositionelle CDU setzt in gut begründeten Änderungsanträgen auf Nachbesserungen im Haushalt. Man darf gespannt sein, ob SPD und BSW der Union doch Zugeständnisse machen. Die Koalition hat im Landtag nur zwei Stimmen Mehrheit. Der BSW-Abweichler Sven Hornauf, der regelmäßig bei Abstimmungen mit seiner Fraktion und der Koalition über Kreuz liegt, hat bereits seine Nein-Stimme angekündigt. Alle Abgeordneten von SPD und BSW werden gebraucht, keiner darf krank werden. Es wird offen, wahrscheinlich namentlich abgestimmt. Es wird knapp.
- AfD
- Brandenburg
- CDU
- Dietmar Woidke
- Krieg in der Ukraine
- Schule
- Schule und Kita in Potsdam
- SPD
- Ukraine
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: