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Energiekonzern in Deutschland: Will Vattenfall aus Braunkohle aussteigen?
Der Energie-Konzern erwägt einen Rückzug aus Deutschland. Fossile Kraftwerke in Deutschland und Holland werden abgeschrieben – Investoren oder Käufer werden gesucht.
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Berlin - Der schwedische Energiekonzern Vattenfall erwägt den Rückzug aus Deutschland. Man suche Investoren für eine Beteiligung oder die Komplettübernahme von Geschäftseinheiten in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien, erklärte Vattenfall-Konzernchef Øystein Løseth am Dienstag in der Zentrale in Stockholm während einer Telefonkonferenz. Der Konzern wird in zwei Einheiten aufgeteilt, einen für die skandinavischen Kernmärkte und einen für Kontinentaleuropa, also Deutschland, Niederlande und Großbritannien. Unklar ist bislang, inwieweit Berlin-Brandenburg von den Plänen betroffen ist. In der Lausitz betreibt Vattenfall Braunkohletagebaue und Kraftwerke, die schwarze Zahlen schreiben, aber wegen klimaschädlicher Treibgasemissionen umstritten sind. In Berlin hatte der Konzern vor zehn Jahren den Stromversorger BEWAG komplett übernommen.
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Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) reagierte zurückhaltend: „Wir haben keine aktuelle Information über eine Verkaufsabsicht von Vattenfall.“ Man werde kurzfristig Kontakt zum Unternehmen aufnehmen. Als es vor einigen Monaten nach der Vattenfall-Ankündigung eines Stellenabbaus in Deutschland Spekulationen eines Rückzugs aus der Braunkohle gab, war dies von der Konzernspitze gegenüber der Landesregierung dementiert worden. Das Unternehmen, das zu 100 Prozent dem schwedischen Staat gehört, war bei der Liberalisierung der europäischen Energiemärkte in den 1990er-Jahren nach Mitteleuropa expandiert. Hierzulande übernahm Vattenfall 2002 den größten ostdeutschen Kraftwerkskonzern Veag und den Braunkohleförderer Laubag, dazu die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW). Später kamen die 1848 gegründeten Berliner Städtischen Elektrizitätswerke, kurz Bewag, hinzu.
Vattenfall führte die Unternehmen zur Vattenfall Europe AG (heute Vattenfall GmbH) mit einer Zentrale in Berlin zusammen. Vattenfall zählt neben Eon, RWE und EnbW zu den großen vier Energieversorgern in Deutschland. Derzeit bewirbt sich Vattenfall unter anderem darum, weiterhin das Stromverteilernetz in Berlin und Hamburg betreiben zu dürfen. Der mögliche Rückzug aus Deutschland dürfte darauf Einfluss haben. Løseth dämpfte mögliche Erwartungen, es werde zu einem schnellen oder vollständigen Ausstieg kommen. „Noch ist es zu früh, zu sagen, welche Kraftwerke wann verkauft werden.“ Außerdem sei man nicht bereit, jeden Kaufpreis zu akzeptieren, deutete er an. Vattenfall reagiere auf die derzeitige Marktsituation in Europa, wo jedes Land versuche, seinen eigenen Energiemarkt zu gestalten. Darauf wolle man künftig flexibler reagieren. Brandenburgs Wirtschaftsminister Christoffers warnte: „Die jüngsten Meldungen von Vattenfall und anderen Energiekonzernen machen eins deutlich: Die Energiewende bedarf dringend einer Koordinierung.“ (kph/thm)
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