Von Alexander Fröhlich: Wind-Pläne des Landes rechnen sich nicht Studie: Statt Gießkannen-Prinzip über alle Kreise Windparks auf den Norden konzentrieren
Potsdam - Die ambitionieren Pläne der rot-roten Landesregierung, zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft auszuweisen, sind nach Expertenmeinung Illusion. Eine unter Verschluss gehaltene Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich der Ausbau der Windkraft nach dem Prinzip Gießkanne über alle Landkreise hinweg überhaupt nicht rechnet.
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Potsdam - Die ambitionieren Pläne der rot-roten Landesregierung, zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft auszuweisen, sind nach Expertenmeinung Illusion. Eine unter Verschluss gehaltene Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich der Ausbau der Windkraft nach dem Prinzip Gießkanne über alle Landkreise hinweg überhaupt nicht rechnet. Demnach wäre die Energiestrategie des Landes, wonach der Anteil der Windenergie von derzeit 4250 auf 7500 Megawatt im Jahr 2020 steigen soll, kaum zu erreichen.
Mit dem angestrebten Standortausweisung könne „nicht mit einer ausreichenden Investitionsbereitschaft im Land Brandenburg gerechnet werden, wodurch in Folge die Zielverfehlung wahrscheinlich wird“, heißt es in der Studie, erstellt von der Prognos AG und dem arrhenius Institut für Energie- und Klimapolitik. Eine „dezentrale, ungesteuerte und unabgestimmte“ Ausweisung von Windeignungsgebieten durch die fünf Planungsgemeinschaften führe „zu einer suboptimalen Ausnutzung des Standortpotenzials“, die Investitionskosten würden über den Erträgen liegen. Die Wissenschaftler dagegen schlagen das Szenario „Wind optimiert“ vor, wonach die „Standortgüte“ das entscheidende Kriterium ist. Bei der Ausweisung von Eignungsflächen sei den Wind selbst bisher nicht ausreichend zu berücksichtigt worden – laut Studie ein Fehler.
Den Planspielen zufolge müssten nun vor allem in der Uckermark, in Märkisch-Oderland, Oder-Spree, Prignitz, Barnim und Nord-Oberhavel Windkraftanlagen neu gebaut oder Windparks verdichtet werden. Den größten Zuwachs gäbe es mit knapp 600 zusätzlichen Anlagen in der Uckermark, wo es neben der Prignitz ohnehin schon die meisten Windparks und den größten Protest gibt, wo aber auch zwei Drittel der Kreisfläche mit Schutzgebieten belegt ist. Daher rührte auch der Widerstand von Uckermark-Landrat Dietmar Schulze (parteilos) gegen Pläne von Umweltministerin Anita Tack (Linke), keine Windräder in Schutzgebieten zuzulassen. Auf Druck ihrer Landtagsfraktion und dem Wirtschaftsministerium will Tack eine Einzelfallprüfung zulassen. Auch die Abstandskriterien für Brutplätze werden aufgeweicht, im November soll eine neue Verordnung dazu in Kraft treten.
Ginge es nach der Studie, bliebe der Landessüden weitgehend von neuen Windrädern verschont, ebenso das Havelland, wo die Nauener Platte mit Windrädern zugepflastert ist. Die Wissenschaftler würden nur noch wenige Anlagen in Spree-Neiße, Dahme-Spreewald und Oberspreewald-Lausitz bauen lassen, in Elbe-Elster gleich gar keine mehr. In Teltow-Fläming und Potsdam-Mittelmark wäre der Zuwachs in den Planspielen der Forscher im Gegensatz zu den ursprünglichen Prognosen deutlichen geringer.
Im Szenario „Wind optimiert“ müssten für den gleichen Energieertrag bis 2020 statt 2868 Windräder nur 2066 aufgestellt werden. Insgesamt würden dann statt knapp 5300 Anlagen nur 4500 in Brandenburg stehen. Allerdings geht die Studie von Anlagen der neuen Generation aus, die deren Räder sich in 140 Meter Höhe drehen, also bis 60 Meter höher sind, als ältere Windkraftanlagen. Die Wissenschaftler fordern daher, die Begrenzung der Nabenhöhe von 100 Meter aufzuheben.
Experten des Wirtschaftsministeriums halten die Vorschläge der Wissenschaftler für juristisch und politisch nicht umsetzbar. Fest steht aber auch, dass die regionalen Planungsgemeinschaften das Ziel, zwei Prozent Fläche für Windkraft, auf lange Sicht nicht erreichen werden. In der Region Lausitz-Spreewald sieht der Teilplan Wind eine Steigerung von derzeit 0,8 auf 1,3 Prozent vor.
Der Landesnorden dürfte vom Wind auch wirtschaftlich profitieren, das Gewerbesteueraufkommen durch Windparks wird für das Jahr auf 85 Millionen Euro prognostiziert, im Optimalszenario der Studie wären es sogar 105 Millionen Euro. Allein in der Uckermark sind es bis 2020 rund 90 Millionen Euro, in der Prignitz 109 Millionen Euro. Im Wind-Planspiel der Wissenschaftler würde sich das Steueraufkommen in der Uckermark auf 180 Millionen Euro verdoppeln, in Prignitz auf 123 Millionen Euro und in Märkisch-Oderland auf 124 Millionen Euro steigen. Nur bei den Arbeitsplätzen schneidet der Vorschlag der Forscher schlecht ab. 2020 wäre es 3600 Beschäftigte in der Windenergiebranche statt voraussichtlicher 4100.
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