zum Hauptinhalt

Brandenburg: „Wir werden Bußgelder verhängen“

Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, über Vandalismus in den Parks, horrende Energiekosten im Schloss Charlottenburg und den Potsdamer Landtags-Neubau auf dem Alten Markt

Stand:

Herr Dorgerloh, wie sehen Sie das Potsdamer Gezerre um den Landtagsneubau in den Umrissen des alten Stadtschlosses auf dem Alten Markt?

Mit Sorge. Es geht schließlich um die zentrale Frage, Potsdams erfolgreiche Stadtreparatur seit 1990 mit der Wiedergewinnung der Mitte abzuschließen. Wenn das Landtagsprojekt scheitert, befürchte ich, dass es auf dem Alten Markt einige Jahrzehnte keinen neuen Versuch geben wird. Es ist eine Illusion, dass das vom Land bewilligte Geld Potsdam anderswo zu Gute käme.

Das richtige Projekt, am richtigen Ort?

Der Alte Markt, dort, wo früher das Stadtschloss stand, ist der beste Standort für den Brandenburger Landtag. Der demokratische Souverän als Nachfolger der Preußenkönige – das ist auch historisch konsequent. Vor allem aber geht es darum, den Ort zu beleben, wo das Herz Potsdams schlägt. In der Stadt ist viel passiert. Die barocke Innenstadt, das Holländische Viertel, die Villen-Siedlungen sind weitgehend saniert. Das macht umso deutlicher, dass die Mitte fehlt.

Ein Plädoyer für den originalgetreuen Aufbau des Stadtschlosses?

Man kann verlorene Bilder nicht einfach wiedergewinnen. Ein Landtagsgebäude, das man in Annäherung an das historische Vorbild errichtet, wird das Stadtschloss nicht reproduzieren können. Aber: Es kann die verwundete Stadtmitte heilen und ist deshalb gut für Potsdam.

Sie hoffen, dass die Bürgerbefragung nach den verpatzten Abstimmungen im Stadtparlament noch den Weg dafür freimacht?

Ja, das wäre mein dringender Appell. Sonst braucht man auch über die Qualität von Architektur an dieser Stelle gar nicht zu reden, weil gar nichts passiert.

Geplant ist ein Mix aus „Schloss“ und moderner Architektur, was den einen zu nostalgisch, den anderen zu modern erscheint. Wie beantwortet der Sanssouci-Hüter die Potsdamer Gretchenfrage?

Es ist schwierig, über Details der Architektur zu sprechen, solange die Grundsatzfrage nicht geklärt ist: Ich denke, es gibt längst über vieles Konsens in der Stadt, etwa darüber, dass zum Alten Markt hin die frühere Schlossfassade rekonstruiert wird. Das Fortunaportal steht ja bereits. Andere Flügel wird man eben moderner bauen. Der Vergleich mag etwas hinken: Es ist wie mit dem alten und dem neuen VW-Käfer. Sieht man den neuen, denkt man auch an den alten, ohne das er es ist. Das wird beim Landtagsgebäude ähnlich sein.

Also „Retro-Design“?

Man sollte dies nicht in Schlagworten, sondern konkret diskutieren: Wichtig wird, welche Materialien man auswählt, dass man zum Beispiel an der Fassade mit Putz und Sandstein wie beim Stadtschloss arbeitet. Das ist viel entscheidender, um das Haus städtebaulich verträglich in die Altstadt einzufügen, als sich auf den Zentimeter an früheren Schloss-Maßen zu orientieren.

Sie haben sich bislang mit Ratschlägen zur Lokalpolitik zurückgehalten. Wie ist das Verhältnis der Stiftung zur Stadt?

Konstruktiv und gut, aber nicht konfliktfrei. Wir haben immer wieder konkrete Probleme zu klären, zumeist in der unmittelbaren Umgebung der Schlossparks – ob die Villa Schöningen an der Glienicker Brücke, den Bürgerbahnhof am Park Sanssouci oder das Strandbad im Park Babelsberg. Da gibt es natürlich auch objektive Zielkonflikte. So wird uns in den nächsten Jahren verstärkt beschäftigen, inwieweit wir in den Gartenanlagen durchaus berechtigte Freizeitbedürfnisse der Potsdamer und Berliner weiterhin so befriedigen können wie bisher.

Was meinen Sie damit?

Es ist ein echtes Problem, wie die Schlossparks durch frei laufende Hunde, das Baden in den Fontänen, das Picknicken und Grillen auf den Wiesen oder das Radfahren belastet werden. Das alles hat leider deutlich zugenommen, was auch wachsende Beschwerden von Gästen belegen. Hier wollen wir einerseits Überzeugungsarbeit leisten, mit langem Atem nach Alternativen suchen etwa für das Radfahren oder das Baden. Aber: Wir werden ab 2007 auch Verstöße gegen die Parkordnungen in den Schlossparks konsequenter ahnden als das bislang der Fall war.

Worauf müssen sich die Gäste in Berlin und Brandenburg einstellen?

Wir werden Bußgelder verhängen. Bislang gab es dafür kaum Möglichkeiten. Mit der jüngsten Novelle des Brandenburger Denkmalschutzgesetzes hat die Stiftung stärkere ordnungsbehördliche Befugnisse erhalten. Wir werden das nicht mit Brachialgewalt tun, aber konsequent und spürbar. Es wird wieder Mitarbeiter geben, die in den Gartenanlagen für Ordnung sorgen, die Besucher auf Reglements hinweisen und, wenn nötig, einschreiten.

Auch gegen Badende am Heiligen See in Potsdam?

Das gilt zumindest für jene Abschnitte am Heiligen See, wo das Baden von der Stiftung nicht geduldet wird – etwa an den gerade wieder hergestellten Uferzonen am Marmorpalais. Wir müssen konsequenter durchgreifen, im Interesse der Anlagen, aber auch der anderen Besucher.

Warum wollen Sie trotz eher magerer Ergebnisse in Sanssouci freiwillige Eintrittsgelder für die Schlossparks in Brandenburg und Berlin ausweiten?

Wir haben mit fast 100 000 Euro einen beträchtlichen Gewinn erwirtschaften können, den wir in die Pflege der Anlagen investieren können. Ich hoffe, dass er in den nächsten Jahren größer wird, wenn wir auch am Park Babelsberg und dem Neuen Garten in Potsdam diesen freiwilligen Eintritt einführen. Zudem werden die Besucher an den Eingängen besser betreut und beraten als vorher. Und im internationalen Vergleich zahlt man, ob in Frankreich, in England, in Amerika oder in Spanien, längst Eintritt in historische Parks.

Bußgelder, Eintrittspreise, Sie stellen sich auf geringere Zuschüsse von den Ländern Brandenburg und Berlin ein?

Das laufende Finanzierungsabkommen gilt bis 2008. Es gibt keine Anzeichen, dass Berlin oder Brandenburg daran rütteln. Aber die Stiftung hat das ehrgeizige Ziel, trotz knapper öffentlicher Kassen das Angebot für die Besucher nicht einzuschränken, sondern eher auszubauen. Deshalb müssen wir mehr eigenes Geld verdienen. Kopfzerbrechen bereitet uns allerdings, wie der Investitionsstau in den Museumsschlössern bewältigt werden kann. Da sind wir mit den Zuwendungsgebern im Gespräch: Wir benötigen zusätzlich Geld.

Wofür konkret?

Die größten Brocken sind das Neue Palais im Park Sanssouci, wo das gesamte Innere stark restaurierungsbedürftig ist, die Expertisen gehen von einem Aufwand von über 100 Millionen Euro aus, aber auch das seit Jahren quasi eingemottete Schloss Babelsberg, und natürlich das Berliner Schloss Charlottenburg. In dem Haus, das nach dem Krieg ohne Baugenehmigung entstanden ist, muss angesichts der horrenden Energiekosten ein neues Heizungs- und Klimasystem eingebaut werden. Insgesamt beläuft sich der Investitionsbedarf in unseren Häusern in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren auf mehrere einhundert Millionen Euro.

Das erscheint angesichts der Finanzlage der öffentlichen Hand illusorisch.

Es ist gut angelegtes Geld. Die zum Weltkulturerbe gehörenden Schlösser und Parkanlagen sind Magneten der Hauptstadtregion. Der Tourismus ist in Berlin und Brandenburg die Wirtschaftsbranche, die am stärksten wächst. Wir sind ein exzellenter Anbieter. Übrigens: Mit Blick auf die Berliner Staatsbibliothek, das Bode-Museum oder auch das Berliner Schloss bewegen sich die Investitionssummen im unteren Bereich.

Ihr „Geheimtipp“ für Besucher 2007?

Rheinsberg! Das Schloss ist endlich in seinem Äußeren weitgehend fertig. Und im Park wird man über drei neue Brücken flanieren können, übrigens in moderner Architektur. Das Interview führte

Thorsten Metzner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })