Brandenburger Landesregierung: Woidke, ein Kabinett und der Innenminister
Tag des Lächelns bei Rot-Rot: Dietmar Woidke ist neuer Ministerpräsident, vom Landtag gewählt im ersten Durchgang mit allen Stimmen von SPD und Linke. Nur ein Minister zeigte eine versteinerte Miene.
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Potsdam - Er war schon vorher ganz entspannt, bei der Stellprobe. Als Brandenburgs SPD-Regierungschef Dietmar Woidke am Morgen im Landtag mit seinen künftigen Ministern schon mal die Übergabe der Ernennungsurkunden übte, scherzte, herzte er, machte Witze. Ohne jede Spur von Anspannung, Unsicherheit oder gar Sorge, dass bei der Ministerpräsidentenwahl etwas schiefgehen könnte. Trotz der knappen Drei-Stimmen-Mehrheit von Rot-Rot, trotz Unmut in den Fraktionen von SPD und Linken über manch Personalie seiner Kabinettsliste. „Ach was, ich bin optimistisch, es ist eine gute Mannschaft“, sagte er da.
Und tatsächlich, als Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) um 10:32 Uhr das Ergebnis der geheimen Abstimmung verkündete, stand es fest. 87 abgegebene Wahlzettel und 47 Ja-Stimmen für Woidke – genauso viele Mandate haben SPD und Linke. Es gab offensichtlich keine Abweichler, obwohl immerhin vier frühere rot-rote Minister – mit Mandaten – nicht mehr im neuen Woidke-Kabinett vertreten sind und im Vorfeld über mögliche Lücken in den rot-roten Reihen bei der Abstimmung spekuliert wurde. Es sei „ein Signal großer Geschlossenheit und eine stabile Basis für die kommenden fünf Jahre“, sagte Woidke, als er danach den Ministern die Ernennungsurkunden überreichte.
Es war ein weitgehend unspektakulärer, fröhlicher Wahl-Mittwoch im Parlament, ohne hochschlagende Emotionen, Anwürfe und Angriffe wie noch 2009, als der damals gewählte Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) die CDU vor die Tür setzte und mit den Linken koalierte. Woidke ist nun endgültig mit eigener Wahl und eigener Regierungsmannschaft aus dem Schatten seines in Brandenburg immer noch sehr populären Amtsvorgängers getreten – dessen rot-rotes Erbe er vor gut einem Jahr nach Platzecks Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen übernommen hatte.
Nur der neue Innenminister und frühere Oberhavel-Landrat Karl-Heinz Schröter (SPD), der in den letzten Tagen wegen der landesweit einmaligen Gutschein-Praxis für Flüchtlinge im Landkreis Oberhavel kritisiert wurde, bei den Linken wegen seiner „unsäglichen Asylpolitik“ und in Teilen der SPD wegen der rigiden Gesetzesauslegung als „Hardliner“ umstritten ist, blickte grimmig drein. Und zwar so verbiestert, dass ihn Platzeck irgendwann in die Seite boxte. „Freuen!“ Das fiel ihm sichtlich schwer.
Schröter reagierte verärgert, dass er vor allem vom Linke-Koalitionspartner angegriffen wurde, nicht von der Opposition. „Dass gesetzestreue Auslegung eines Gesetzes solche Aufregung auslöst, verstehe ich nicht“, sagte er, und teilte selbst aus. „Die Linken stellen doch den Justizminister. Sie sollten die Gesetze kennen.“ Auf die Frage, ob er, der bisher ein Kritiker von Rot-Rot war, inzwischen seinen Frieden mit dem Bündnis gemacht habe, antwortete Schröter den PNN so: „Tja, das wird sich erst in den nächsten Monaten herausstellen.“ Er sagte aber auch, dass beide Seiten lernen müssen und er wisse, „dass das Ergebnis der Arbeit des Innenministeriums ganz maßgeblich für den Erfolg oder Misserfolg der Regierung in dieser Legislaturperiode die Grundsteine legt.“
Unter den Gratulanten für Woidke, für die neuen Minister war auch Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe. Er machte keinen Hehl daraus, dass er die Aufregung in der SPD für unbegründet hält, dass Woidke das Arbeits- und Sozialministerium, das frühere Haus der SPD-Ikone Regine Hildebrandt, den Linken überließ. „Regine wollte immer eine Koalition mit den Linken. Sie wäre zufrieden“, sagte Stolpe. Auch er hat es nicht vergessen. Damals im Jahr 1999, als Stolpe sich für die CDU und gegen die Linke-Vorgängerpartei PDS als Koalitionspartner entschied, hatte Hildebrandt von den „CDU-Arschlöchern“ gesprochen, mit denen man nicht koalieren könne und ging.
Die neue Sozialministerin Diana Golze (Linke) tritt ihr Amt jedenfalls mit gehörigem Respekt an, wie sie betonte: „Ich weiß, dass es große Fußstapfen sind.“ Eigene Akzente wolle sie gegen Kinderarmut und für eine menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen setzen. „Zeltdörfer kommen für mich nicht infrage.“
Trotz der demonstrativen Geschlossenheit bei der Woidke-Wahl – in der Asylpolitik rechnet die bei der Wahl geschwächte Linke bereits mit ersten Auseinandersetzungen mit der SPD. Linken-Fraktionschefin Margitta Mächtig nannte auch als Konfliktfeld für die Koalition die Kreisgebietsreform, bei der Landkreise zusammengelegt werden und einige Städte ihre Kreisfreiheit verlieren könnten, „Da wird es schon noch mal ein bisschen heiß hergehen“, sagte sie. (mit axf, dpa)
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