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Hells Angels: Woidke kündigt harte Gangart gegen Rocker an

Brandenburgs Innenminister hat Rocker davor gewarnt, das Bundesland als Schutzort zu betrachten

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Potsdam/Berlin - In Berlin wurde es für die Hells Angels ungemütlich. Nicht nur wegen der anhaltenden Auseinandersetzung mit den Rivalen von den Bandidos, sondern wegen der Polizei und ihren Dauerkontrollen. Ob die Hells Angels nun aber in Brandenburg Ruhe finden werden, darf bezweifelt werden. Innenminister Dietmar Woidke (SPD) jedenfalls sendete am Mittwoch eine klare Botschaft an die Adresse der Rocker: „Brandenburg ist für kriminelle Rocker seit langem ein ungemütliches Pflaster. Wenn sich da jetzt einzelne bei uns eine Art Rückzugsraum versprechen, dann haben sie sich komplett verrechnet.“

Tatsächlich hatten die Sicherheitsbehörden die Lage in den vergangenen Jahren in den Griff bekommen – und zwar im Jahr 2009 mit dem Verbot der Chicanos MC Barnim in Eberswalde. Der Unterstützerclub der Bandidos hatte sich blutige Fehden mit den Hells Angels geliefert und fiel im sogenannten Rockerkrieg besonders auf. Unter dem Wagen des Chicanos-Chefs war im Juli 2009 eine Handgranate gefunden worden, bei einem Racheakt attackierten die Chicanos wenig später in Finowfurt Mitglieder der Brigade 81, die zu den Hells Angels zählen, mit Macheten, Messern und Äxten. Einem Hells Angel war beinahe ein Bein abgehackt worden. Der Prozess gegen zwei Angreifer platzte: Denn alle Beteiligten hielten dicht, die Angeklagten waren inzwischen zu den Hells Angels übergelaufen.

Die Ermittler beobachten nun aufmerksam, wie es in Brandenburg weitergeht. Fest steht, mindestens die Hälfte der Rocker sind der Polizei bereits wegen Straftaten bekannt. Es geht um Körperverletzungen, Handel mit Drogen und illegalen Muskelaufbaupräparaten, Eintreiben von Schutzgeld und illegalen Waffenbesitz. Die Rockerclubs verdienen ihr Geld mit Sicherheitsdiensten und in der Türsteherszene, etwa um auf diese Weise den Drogenhandel in den Clubs zu kontrollieren. Zudem geht es um Schutzgeld, Prostitution und Konkurrenz zwischen Tattoo-Studios.

Trotz offener Konfrontationen zwischen Hells Angels und Gremium MC – der dritten großen Bruderschaft – in Königs Wusterhausen im Dezember 2011 hielten sich bislang alle Seiten zurück. Es herrscht angespannte Ruhe. Unter besonderer Beobachtung der Sicherheitsbehörden steht neben Potsdam deshalb auch das südöstliche Berliner Umland bis hin nach Frankfurt (Oder). In diesem Bereich wird eine Konfrontation zwischen den beiden Clubs befürchtet. Besonders aufmerksam beobachten die Ermittler auch, wie sich die Bandidos und ihre Unterstützer in Hennigsdorf am nördlichen Stadtrand von Berlin verhalten. Sie gelten als äußerst gewaltbereit, in den bisherigen Auseinandersetzungen in Berlin hielten sie sich aber zurück. In Cottbus dagegen ist es nach früheren blutigen Konflikten mit Schüssen und Messerstichen eher ruhig. Hier haben die Hells Angels die Szene fest im Griff. Sorgen bereiten den Ermittlern allerdings die engen Verbindungen in die Hooliganszene, zu Kampfsportclubs und Rechtsextremisten.

Zudem ist die Rockerszene in Bewegung geraten. Allein in Brandenburg stieg die Zahl der Unterstützerclubs im vergangenen Jahr von 14 auf 22 – jeweils 11 von Hells Angels und Bandidos. Die Zahl aller Mitglieder in den Rockerclubs in Brandenburg stieg von 250 auf 400. Bei der Rockerkriminalität, die im direkten Zusammenhang mit den Bruderschaften steht, verzeichnete die Polizei einen Anstieg um 50 Prozent auf rund 50 Fälle, meist ging es um Erpressung und Drogenhandel. Davon unabhängig aber sank die Gesamtzahl aller von Rockern begangenen Straftaten um rund 20 Prozent auf rund 290, größtenteils ging es um Gewalt- und Drogendelikte.

Den Wechsel von Bandidos zu den verfeindeten Hells Angels nach Potsdam will die Polizei vorerst nicht bewerten. Auch von den Hells Angels Nomads wechselten Rocker nach Brandenburg: Erst nach Frankfurt (Oder), und nun vor dem Berliner Verbotsverfahren nach Oranienburg, wo sie eine neue Gruppe gründen wollen. Allerdings lebten alle zuvor ohnehin schon in Brandenburg. Das LKA findet die Größenordnung der Übertritte überschaubar und sieht bislang keine Gefahr für neue Konflikte.

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