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Von Alexander Fröhlich: Wüste statt Heide?

Bombodrom: Petitionsausschuss verschiebt Beschluss / Behm: Chance auf verschärftes Votum / Luftwaffe übt in Emiraten

Stand:

Berlin/Wittstock – Der Petitionsausschuss des Bundestages hat am Mittwoch einen Beschluss gegen den Luft-Boden-Schießplatz bei Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) verschoben. Begründet wurde der Aufschub mit einer „überfüllten Tagesordnung“. Vertreter der Fraktionen hatten zudem Gesprächsbedarf zu dem Thema angemeldet, an dem vorgesehenen Votum ändere dies jedoch nichts, hieß es. In der Vorlage werden die Anliegen der Bombodrom-Gegner erstmals als „grundsätzlich berechtigt“ erachtet.

Nun will sich das Gremium am 17. Juni mit dem sogenannten Bombodrom befassen. Anfang Juli könnte dann der Bundestag darüber befinden, in der Regel folgt das Plenum den Vorlagen des Petitionsausschusses ohne weitere Debatte. Opposition und die Fraktionen der Regierungskoalition aus Union und SPD hätten bereits Zustimmung im Ausschuss signalisiert, verlautete in Parlamentarier-Kreisen. Sechs Wochen hätte die Bundesregierung dann Zeit, darauf zu reagieren.

Wie berichtet, rückt Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) von den Plänen für das 14000 Hektar große Areal in Nordbrandenburg immer weiter ab, nachdem das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg in einem Berufungsverfahren die militärische Nutzung wegen gravierender Planungsfehler weiterhin untersagt hatte.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Nachtwei, hält es für ausgeschlossen, dass die Luftwaffe ein neues Planungsverfahren für das Bombodrom anschiebt. „Das würde weitere zehn Jahre dauern“, sagt er den PNN. Zudem sähen Rüstungsexperten die Zukunft in unbemannten Kampfflugzeugen, die heutigen Maschinen seien militär-technologisch veraltet.

Die Piloten der Luftwaffe kommen derweil auch ohne das Bombodrom recht gut auch: Sie üben seit Kurzem auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Jüngst waren dort zwei Geschwader und im Internet schwärmt die Luftwaffe: „61 200 Quadratkilometer großer Übungsraum, hundert Kilometer freier Luftraum, dünnbesiedeltes Wüstengebiet.“ In den VAE befinde sich „der größte Trainings-Luftraum weltweit, der beste Trainingsmöglichkeiten für die Deutsche Luftwaffe bietet“.

Dem obersten Dienstherrn der Piloten, Verteidigungsminister Jung, soll mit dem Beschluss Petitionsausschusses eine Brücke gebaut werden, um trotz eines Verzichts auf den Übungsplatz das Gesicht zu wahren, hieß es am Mittwoch in Ausschusskreisen. Die Bundes-CDU favorisiert inzwischen eine Lösung für die Übungen der Luftwaffe im europäischen Rahmen, womit das Bombodrom nicht mehr zwingend nötig wäre. Die CDU-Brandenburg ist ohnehin gegen die militärische Nutzung des Areals.

Benedikt Schirge, Sprecher der Initiative „Freie Heide“ zeigte sich gestern enttäuscht von dem neuerlichen Zeitverzug. Er forderte einen Beschluss für die zivile Nutzung noch vor den Bundestagswahlen im September.

Verschiedene Initiativen warten seit Jahren auf eine Entscheidung, mehrmals hatte der Petitionsausschuss einen Beschluss verschoben.

Die brandenburgische Grünen-Abgeordnete Cornelia Behm erklärte am Mittwoch, mit dem Aufschub könne gar ein stärkeres Votum des Ausschusses erreicht werden. Bislang soll die Petition der Bundesregierung „zur Erwägung“ überwiesen werden – es ist das zweitstärkste Votum. Behm will das stärkste erreichen, nämlich „zur Berücksichtigung“. „Für dieses Thema wollte man sich einfach Zeit nehmen“, erklärte sie.

Die Prignitzer Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann (Linke) forderte ebenfalls den Bombodrom-Verzicht noch vor der Bundestagswahl. Das wäre „das beste Konjunkturpaket“ für die strukturschwache Region, die vorrangig vom Tourismus lebt.

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