Brandenburg: Zeugin sah Scholl am Tatort
Mordprozess: Gericht rekonstruiert Tathergang
Stand:
Potsdam - Sie könnte eine der wichtigsten Zeugen im Prozess gegen den Ludwigsfelder Ex-Bürgermeister Heinrich Scholl wegen Mordes an seiner Ehefrau sein – doch die ehemalige Parteikollegin kann sich nur zum Teil an die Tage zwischen Weihnachten und Silvester 2011 erinnern. „Ich bin an drei Tagen hintereinander immer zur gleichen Zeit nach Ludwigsfelde gefahren“, sagte die Parteifreundin des Ex-Bürgermeisters am Dienstag vor dem Potsdamer Landgericht. Dort habe sie ihre Weihnachtspost abgegeben, fügte sie hinzu. „An einem der Tage habe ich gesehen, wie Herr Scholl aus dem Auto seiner Frau stieg.“ Um welchen Tag es sich dabei genau handele, könne sie aber nicht sagen, räumte die Zeugin ein.
Die Begegnung soll an der gleichen Stelle gewesen sein, an der die getötete Brigitte Scholl ihr Auto abgestellt hatte, wenn sie mit ihrem Hund im Wald spazieren ging. „Herr Scholl hatte auf dem Beifahrersitz gesessen“, sagte die Zeugin. Wer gefahren sei, habe sie nicht genau erkennen können. Scholl ist angeklagt, seine Frau und deren Cockerspaniel in dem Wald heimtückisch erdrosselt zu haben.
Den Richtern und Schöffen bleibt nichts anderes übrig, als sich über die einem Puzzlespiel gleichenden Zeugenaussagen an die Ereignisse des Wintertages anzunähern. Scholl selbst äußert sich bisher nicht vor Gericht. Doch im vergangenen Frühjahr, nur wenige Tage nach Erlass des Haftbefehls, hatte er nach Angaben eines als Zeugen geladenen Amtsrichters einige Worte gesagt. Etwa dass er einen Tag vor der Tat mit seiner Frau spazieren war. Dies könnte also der Tag gewesen sein, an dem ihn die Parteikollegin aus dem Auto steigen sah. Aus dem vor Gericht verlesenen Haftbefehl ging aber hervor, dass es einen weiteren Zeugen geben soll, der die Getötete am Tag vor der Tat gesehen hat – und zwar allein mit Hund. Demnach würde Scholls Aussage vor dem Amtsgericht wieder in Zweifel gezogen werden.
Die Verlesung des Haftbefehls offenbarte auch, dass dieser Prozess noch lange nicht zu Ende ist. Entgegen bisheriger Erkenntnisse ist dort vermerkt, dass Scholl zum Zeitpunkt des Mordes noch eine Beziehung zu einer Frau in Berlin führte, einer Prostituierten aus Thailand. Davon sollen Handy-Kurzmitteilungen zeugen. Wenige Wochen vor der Tat war Scholl nach Ludwigsfelde zurückgekehrt und hatte gegenüber seinem Sohn angegeben, dass die außereheliche Affäre beendet sei. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Luise Poschmann
Luise Poschmann
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: